»Die Definition des Adjektivs ´frisch´: noch nicht alt, verdorben oder welk, nicht in irgendeiner Form haltbar gemacht, sauber, neu und nicht benutzt, so, dass es erst kürzlich erfolgt ist, kraftvoll; nicht matt, kühl, gerade erst geerntet, erzeugt, nicht gelagert.«
»Frisch« ist der zentrale Verkaufs- und Marketingbegriff. Restaurants, Einzel- und Großhandel sowie Fast Food Ketten kommen ohne diesen Begriff nicht aus. Bei den Werbe- und Marketingstrategen gehört der Terminus zu den zentralen Verkaufsargumenten.
Was frisch in der Lebensmittelindustrie ist, ist das Wort modern in der Politik. Die Adjektive sollen Nomen aufwerten helfen, sie sind positiv aufgeladen und lenken von mangelnden Inhalten ab. Die positiven Assoziationen werden für eigene Ziele ausgebeutet. Wie eine Familienpolitik genau aussieht, interessiert die wenigsten, Hauptsache sie ist modern. Wie Lebensmittel transportiert, verarbeitet und gelagert werden, interessiert auch wenig. Sie müssen nur stets frisch sein. Die Begriffe frisch und modern propagieren einen naiven Fortschrittsglauben, indem alles Neue immer gut und alles Alte immer schlecht sei.
In einer marktwirtschaftlichen Industrie- und Wegwerfgesellschaft, in der Überproduktion und weltweiter Handel herrschen, werden viele Lebensmittel monatelang gelagert, konserviert und tiefgefroren. Das Wort frisch hilft diesen Prozess zu verdrängen. Wer nicht in seinem Garten alles selbst anbaut, sollte sich bewusst sein, dass viele Lebensmittel lange Transportwege hinter sich haben. Die Lebensmittelskandale der letzten Jahre (BSE, Gammelfleisch, EHEC, SARS, Schweingegrippe, Dioxin etc.) verdeutlichen die Lebenslüge von frischen Nahrungsmitteln in einer Industriegesellschaft, in der Massenproduktion und Massenlagerung vorherrschen.
Abseits vom Marketing- und PR-Geschwurbel ist das Adjektiv frisch auch in der zwischenmenschlichen Kommunikation beliebt. Es ist positiv aufgeladen und soll Kraft, Neuanfang, Energie und Leistung suggerieren. Man ist in eine Wohnung »frisch eingezogen«, macht sich für den Tag »frisch« und startet mit »frischer Kraft« in die Arbeitswoche. Insofern wäre es naiv zu behaupten, »frisch« sei ein reiner Werbe- und Marketingbegriff. Er unterstreicht das tief verinnerlichte marktwirtschaftliche Denken, in dem ein frischer Salat genauso schmackhaft und wohltuend sei, wie eine frische Beziehung.
Eine sehr gute Darstellung des Adjektivs, frisch, besonders auch der Zusammenhang mit dem Wort, modern.
Durch die große Wirkungsbreite in unseren Assziationsfeldern und Suggestionsbereichen hat dieses Wort eine anziehende, ja magische Kraft, in der Sprache. (Wie oben sehr schön beschrieben)
Hinzufügen möchte ich noch die nahezu unbegrenzten Wortzusammensetzungen (Komposita) mit dem Wort frisch.
erntefrisch, fangfrisch, röstfrisch, schlachtfrisch, z.B. werden durch die Wirtschaftsprozesse ganz und gar ad absurdum geführt.
Danke für den Beitrag !
»Die Lebensmittelskandale der letzten Jahre (BSE, Gammelfleisch, EHEC, SARS, Schweingegrippe, Dioxin etc.) verdeutlichen die Lebenslüge von frischen Nahrungsmitteln in einer Industriegesellschaft, in der Massenproduktion und Massenlagerung vorherrschen.«
Ich bin auch der Meinung, wenn die Menschheit untergeht dann nicht aufgrund eines Krieges, sondern aufgrund ihres Essens.
Mit den »frischen« und mit allem Möglichem angereicherten Lebensmitteln, äh Füllstoffen, graben wir uns mit Messer und Gabel das eigene Grab!
Frisch kann etwas nur sein, wenn es aus der naheliegenden Region stammt!
Wer sich für »moderne« Politik begeistern kann, ist im Kopf nicht mehr ganz »frisch«. ;-)
Und dann gibt es noch das »frische Kapital«. Wenn eine Bank, ein Unternehmen oder ein Staat kurz vor der Insolvenz steht, liegt es wohl daran, dass das alte Kapital vergammelt ist. Eine Frischekur soll da helfen.
Eine vortreffliche reflexive Herausfischung von ›frisch‹ aus dem Sinnstrom, in dem es unsichtbar fließt. Ich brauche nun eine Erfrischung.
Die Erfrischung ist wohl anzusiedeln im Zyklus K‑W-K‹ nach K‹. Daher das allzeitige Bedrüftnis nach Erfrischung. Der Wiederholungszwang der Kapitalakkumulation gebiert kreative Eintrocknung und monotone Überhitzung. Das Frische in allen Formen befreit kurzzeitig, vor allem durch körperliche Sensationen. Es ist zu viel Lösung vor der neuerlichen zu großen Spannung.
Die anhaltende Lebendigkeit idiorythmischer oder konkreativer Lebensformen bleibt verborgen.
Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden! Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden! Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden! Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden! Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden! Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden!
(Hagen Rether)
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