Politiklosigkeiten

Was ist Politik überhaupt? Zunächst gibt es keine einheitliche Politikdefinition. Die Diskussion um die Bedeutung des Begriffes wird schon seit Jahrhunderten geführt. »Politik« leitet sich aus dem griechischen »Polis« ab, mit dem ein antiker griechischer Stadtstaat gemeint war. In der Geschichte wird die Polis oft als erste Form einer Demokratie herangezogen. Das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) definiert den Begriff Politik auf zwei Ebenen:

  1. Handlungen von Parlament, Regierung, Parteien und Organisationen eines Landes, die bestimmte Ziele durchsetzen, die Ordnung im Staat gewährleisten und das öffentliche Leben gestalten sollen.
  2. zielgerichtetes, klug berechnendes Verhalten, Vorgehen eines Menschen.

In diesem Sinne sind Parteien, Politiker, die Tagespolitik und der Akt des Wählens im heutigen Zeitgeist völlig unpolitisch.

Die ständige Kommentierung und die Kritik über Parteien, Politiker und die Tagespolitik ist ein mühseliger Akt. Symbolpolitik, Pöstchengeschacher, Fraktionszwang, Lügenpropaganda, phrasendreschende Dampfplauderei und Alibihandlungen beherrschen das politische Tagesgeschäft. Alles unter dem Credo, den Status Quo zu erhalten, alles so zu belassen, wie es ist. Vielleicht ein paar kleine kosmetische Änderungen hier und da, aber im großen und ganzen wird keine wirkliche Veränderung im Sinne einer Verbesserung der Bevölkerung angestrebt. In der derzeitigen Kapitalismuskrise ist dieses Denken und Handeln gut zu beobachten.

Warum denken immer soviele, dass überall wo Politik drauf steht auch Politik drin ist? Politik umfasst Begriffe und Sachverhalte wie Krieg, Frieden, Sicherheit, Macht, Freiheit, Ordnung, Leben usw. Sehr viel mehr als Parteitage, Pressemeldungen, Bundestagsdebatten, Parteiprogramme oder die Personalfrage. Das tägliche Miteinander, das Zusammenleben, die zwischenmenschliche Ebene ist politisch. Insofern sind wir alle politisch. Denn jeder beschäftigt sich mit diesen Themen, bewusst oder unbewusst. Wie wir unsere Mitmenschen behandeln und wie wir über sie denken, ist politisch. Ob wir unserem Chef widersprechen oder schweigen, ist politisch. Wie wir mit unseren Liebsten, mit unseren Kindern, mit unserer Familie und mit unseren Freunden umgehen, ist politisch.

Politiker-Reden werden vergessen oder ignoriert, Neujahrsansprachen sind für die Mülltonne. Parteiprogramme werden überarbeitet, angepasst und sowieso kaum gelesen. MdB´s kommen und gehen und vermeintliche »Spitzenpolitiker« werden so schnell niedergeschrieben, wie so hochgeschrieben wurden. Koalitionsvereinbarungen, »Ehrenworte« und Versprechungen sind, um mal in der Sprache der Zeit zu sprechen, voll fürn Arsch. Ganz abgesehen davon, dass Konzern-Lobbyisten an Gesetzen mitschreiben oder sie sogar vollständig formulieren.

Was bleibt, ist die Mentalität der Bevölkerung und jedes Einzelnen. Die Einstellung zum Leben, zur Lohnarbeit, zu anderen Menschen und zu sich selbst. Und wie schaut es damit aus?

5 Gedanken zu “Politiklosigkeiten

  1. Symbolpolitik
    Naja, man liebt das strategische Geschacher darum. Und die irrsinnige Intelligenz, die Strategien nachvollziehen zu können. Strategie selber in Frage zu stellen, übersteigt dagegen den Horizont. Wer die Sprache des Gegners spricht, kann sich eben gut mit ihm unterhalten. Sogar kritisch. Ob er er ihn damit allerdings bezwingen kann, bleibt dem Strategen im Tunnel seiner eigenen Finsternis überlassen.

  2. Ich stelle mir eher nicht die Frage, wie politisch engagiert der Einzelne ist, sondern welche Einstellung zum Leben er hat? Welche Einstellung zu sich selbst und zu seinen Mitmenschen?

    Wird Egoismus, Konkurrenz, Leistungsdenken und Wettbewerb bevorzugt oder Altruismus, Nächstenliebe und Menschenwürde? Und nun sagt mir nicht, dass alle Menschen letzteres wollen. Dann hätten wir nicht so eine Gesellschaft, wie wir sie heute vorfinden. Und genau das ist politischer als jede Partei, jeder Politiker und jede Rede: die Einstellung bzw. die Mentalität jedes Einzelnen.

  3. Egoismus, Konkurrenz, Leistungsdenken und Wettbewerb wird anerzogen!
    Das ist nicht von Natur aus gegeben!
    Außerdem brauchen sich Menschen gegenseitig, um zu existieren!
    Funktioniert die Zusammenarbeit nun mit Rücksichtslosigkeit oder Rücksicht besser?
    Deswegen müssen wir unseren Kindern Nächstenliebe, Menschenwürde und Altruismus anerziehen, damit sie das als Werte übernehmen und sich anders verhalten, als wir es vielleicht zu mancher Zeit unserer Jugend oder späterer Zeit taten.
    So kann eine neue Gesellschaft entstehen.
    Der Mensch wird so sozialisiert, wie ihn die Gesellschaft haben will.
    Wird nun seine psychische Energie so gelenkt, dass sie in das Leistungsschema passt, wird er natürlich egoistisch handeln, aber mehr aus einer unnatürlichen Sozialisierung, die ihn in Einsamkeit und Schmerz verharren lassen wird.
    Erich Fromm kann das noch besser erklären als ich.

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