Der Soziologe Jürgen Habermas spricht von der Ökonomisierung unserer Lebenswelten. Normative, ethische Werte würden zunehmend von ökonomischen Prämissen und Ansichten verdrängt werden. Und das eben in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen. In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 30. Mai 2010 von Charlotte Frank zeigt sich das ganz deutlich. In dem Artikel geht es um künstliche Befruchtung. Der Beitrag mit der Bezeichnung »der Preis der Kinderlosen« thematisiert das Thema mit rein ökonomischen Argumenten. Und gerade beim Thema Kinder, Familie und Liebe finde ich das sehr bedenklich, normative Überlegungen völlig zur Seite zu schieben. Die Sprache von Frau Frank könnte ökonomischer kaum sein. Kinder werden als Kostenfaktoren und die Familienplanung als ein wirtschaftliches Gesamtinteresse betrachtet.
In ihrem gerade mal ca. 450 Wörter kurzen Artikel verwendet sie folgende Begriffe: 4x »Kosten«, 5x »Preis«, 4x »zahlen«, 2x »Geld«. Das Thema der Künstlichen Befruchtung wird so zu einer reinen Preis‑, Kosten- und Geldfrage. Wörter wie Liebe, Glück und Gefühl gibt es im Sprachschatz von rational versachlicht denkenden Funktions-Ökonomierobotern nicht.
Ganz toller Beitrag. Die Rettung zum Sonntag schlechthin. Das Zählen ökonomischer Worte macht tatsächlich mittlerweile mehr als Sinn. Bei einem der letzten gruseligen Aufwachmomente, mit einem der Beiträge der katholischen Kirche im Morgenradio, und auch dort ging es um Kinder, — konnte ich 8x das Wort Wert und 5x Profit zählen. Und der Mann hat nur fünf Minuten lang gesprochen. Dieser ökonomische Grundkonsens, scheint wirklich bis in alle Lebensbereiche zur Lebensdoktrin geworden zu sein. Auch schön der Hinweis auf Habermas. Er hatte schon recht damals, — als er als einer der letzten versuchte, noch die Lebenswelten in der Soziologie zu retten. Das war Teil der Überlegung des Habermaß-Luhmann Streites. Das abstrakte Pressen des; »Objektes« Mensch, in eine »systemische« Sicht, wird jedes »Subjekt« zerstören und dieses »Objekt« zwingen, sich dem Denken und der Sprache des konstruierten Systemes zu bedienen. Der Grund schlechthin, warum es außer diesen vollkommen unlogischen Soziologen heute, es, — seit den alten Griechen, niemals mehr eine Systemtheorie gewagt hatte, Lebenswelten als System zu sehen. Ein nicht schließbares System, erfordert zwangsläufig, dass Anpassen der Elemente daran. Der Punkt, den alle Ideologen die als Systemtechnokraten mit »Systemen« hantieren, immer gerne verschweigen. Ich will die »Menschenwelten« wieder haben.
So denken aber zum Teil wirklich die Menschen und so wird man wie ein Exot behandelt, wenn man höhere Ziele im Sinne hat, als sich zu bereichern und andere dabei abzuzocken. Ich schocke deshalb gerne auf die Art und amüsiere mich oft darüber wie wichtig den Menschen ein paar Scheine sein können und was sie bereit sind alles dafür zu tun, um ein paar Scheine mehr zu haben. Die verstehen es einfach nicht, dass man mit einem leeren Magen manchmal wesentlich besser und ruhiger schlafen kann, als mit einem vollen, den man nur deshalb füllen konnte, weil man einen anderen dafür betrogen hat.
Das Dumme ist nur, dass man mit einer solchen Einstellung niemals zu einem echten Wohlstand kommt, weil man alles, was für einen selbst zu viel ist, mit anderen teilt, von denen man glaubt, dass sie es nötiger hätten. Empathie, Solidarität und Selbstlosigkeit war allerdings noch nie wirklich in Mode und Menschen, die diese Lebenseinstellung haben, waren in jeder Epoche arm und wurden auch immer benachtiligt von denen, die materielle Götzen anbeten und dies als Heil der Menschheit verkaufen.
:dagegen: Das Problem ist einfach das unser System vom Wachstum lebt, ohne Wachstum keine Zukunft.
Wenn die Menschen also nur mit Ihren Gefühlen, Liebe und Glück zu frieden wären, würde unser System zusammenbrechen.
Kinder nur als Kostenfaktor zu betrachten halte ich für falsch. Kinder ausnahmslos mit positiven Gefühlen und Erlebnissen gleichzusetzen finde ich aber ebenfalls sehr flach, wenn ich das mal so sagen darf.
@ethanol kamin:
Welches Wachstum meinst Du? Wirtschaftliches Wachstum? Gerade der Wachstums-Fetisch hat uns doch die aktuelle Wirtschaftskrise beschert! Ich sehe das genau anders herum: Nur ohne Wachstums-Fetisch haben wir eine Zukunft! Das Festhalten am Wirtschaftswachstum, an neoliberalen Prinzipien ist doch verantwortlich für das ganze Elend der Welt! Die Wirtschaft soll wieder dem Menschen dienen und nicht der Mensch der Wirtschaft!