Von unvergleichlicher Pracht ist das Reich des Marktes. Es ist ein Reich des Friedens und der Schönheit und doch ohne Liebe. Ein Paradies der Ordnung und der Glückseligkeit. Ein Ort der erfüllten Wünsche und Träume. Und da sind Freuden in solcher Vielzahl, mit denen man ins Innerste der eigenen Seele schauen kann.
Vom Himmel regnen Anreiz und Geld und leckere Salzlake tropft von den Bäumen, die überall mit giftigem Eigennutz überzogen sind. Die Wettbewerbsfähigkeit ist grün wie ein lang vergessener Haferschleim. In den brennenden pechschwarzen Meeren schwimmen Obdachlose und Modernisierungsverlierer. Weißbäuchige Investoren-Maden zerreiben zwischen ihren Klauen den Lebenshauch der Sozialschmarotzer. Das Wirtschaftswachstum ist aus lebendem schreiendem Fleisch und die nie endende Neidkultur verströmt einen giftigen Pesthauch. Fünfköpfige Spekulanten aus öligem Rauch bestehend, umnachten die Geister der Geringverdiener, bis sie in Stücke gerissen werden, um den Vermögenden, als nie sterbende Nahrung zu dienen. Flammen gnadenloser Eigenverantwortung brodeln auf dem Schlachtfeld der Globalisierung. Ein zufriedenes Jammern und Jaulen der Leistungsträger liegt in der Luft.
Es ist ein Ort völliger Freiheit: hier wird gelohnarbeitet, gezwungen und getreten. Da werden die Zungen im Hals zu kalten Minijobs und lieblicher sozialverträglicher Stellenabbau zum ewigen Alptraum. Da werden die Augen zu eitriger Gier und blauer Speichel rinnt aus den Mäulern der Vollbeschäftigten. Da werden Idealisten zu Knochen geflochten und das Blut der Freidenker auf dem Alter des Handels geopfert.
Im Herzen des Reiches in einer Zitadelle aus purem Blutgold, deren Fackeln die Seelen der Schuldner zehren, sitzt auf einem blutroten Thron des Nichts, huldvoll lächelnd, der Herzog der sozialen Marktwirtschaft. Seinen Namen auszusprechen wagt kein Steuerzahler. Demagogie und Populismus sind sein linker und sein rechter Fuß. Seine Hände die Finanzindustrie und die Konzerne. Seine vielfach gespaltenen Augen sind blind und sehen doch alles. Und eine Zunge spricht Konsum und eine Zunge spricht Materialismus. Und er lacht glockenhell, und wer es hört dem schwinden die Sinne, um niemals wiederzukehren.
Uff. Kommentarlos ..... Klasse.
Hmm...wohl frei nach »Das Schwarze Auge«? Siehe »Mysteria Arkana«, S. 142:
»Und im Herzen all jenen Irrsinns sitzt der Kind-König Amazeroth huldvoll lächelnd auf seinem Thron aus Lotos in einem Palast, der tausendmal größer und goldener ist als der zu Bosparan, und läßt sich aufwarten von Kurtisanen und Oktopoden, von Lustknaben und stinkenden Drachen. Und er lacht glockenhell, und wer es hört, dem schwinden die Sinne, um nie mehr wiederzukehren.«
Das klingt doch alles irgendwie so nach dem Lovecraft’schen Horror
Pascal — Bingo! Musste auch an den Dämonensultan Azathot und
seine blinden irrsinnigen Flötenspieler denken, und an CTHULHU
sowieso …
Aber eine sehr gelungene Adaption, schöpferisch angeeignet
und sehr geeignet, die Realität hyperrealistisch abzulichten.
Als hätte H.P.L. bei H. Bosch den Pinsel geführt – im Bewusstsein
des Autors. Chapeau!
...nennt sich Freiheit.
@maxim
Richtig, DSA diente als Inspirationsquelle. Ich wollte mal Dark-Fantasy mit neoliberaler Logik kombinieren und schauen, was bei rauskommt.
Puhhh...ehhhmm ja mir fehlen gerade die Worte. Geiler Beitrag! Deine Assoziationen gefallen mir! Gruß Martin