Jeder Politikinteressierte bekommt von Freunden, Bekannten und Familienangehörigen zu hören, dass Politik nicht »ihr Ding« sei. Frei nach dem Motto, als wäre Politik, als wären politische Themen, nur ein Hobbythema von vielen, wie Autos, Fussball oder Fernsehen. Dabei ist die Politik, die Lehre von der Macht und des gesellschaftlichen Miteinanders allgegenwärtig. Niemand kann sich dem entziehen. Ob es um Behördengänge, tarifliche und gesetzliche Regelungen in der Lohnarbeitswelt, medizinische Versorgung oder um die Tochter, die in die Schule geht, handelt — Politik durchdringt uns, bestimmt überall unseren Alltag.
Wer diese Zusammenhänge ersteinmal erkennt, kommt nicht herum, sich für Politik zu interessieren. Andernfalls ergibt man sich seiner Ohnmacht als Unwissender, der dem eigenen Fatalismus erliegt. Wer glaubt, Politik umfasse nur geschichtliche Themen, politische Akteure und das Parlament, ignoriert den Macht-Wissen-Nexus in unserer Gesellschaft. Alleine die Frage nach dem »Warum?« ist heute politisch brisanter denn je. In einer Zeit in der uns verkauft wird, es gäbe keine Alternativen und nur den Sachzwang, wirkt ein einfaches Hinterfragen Wunder. Die Kritik ist somit ein wesentliches Element der Demokratie, und der Meinungspluralität. Skeptisch zu sein, Dinge in Frage zu stellen, ist kein Zeichen von Labilität, sondern von Stärke.
Politisch sind eben nicht nur Politiker oder Menschen, die in einer Partei sind oder welche, die demonstrieren gehen. Politisch ist jeder, der zu seinem Chef geht und sich traut zu Überstunden »Nein« zu sagen. Politisch sind Elternvertreter in Kitas oder Schulsprecher. Politisch ist jeder Zeitungsleser, der nicht jeden Mist glaubt und sich umfassend informiert. Politisch sind Menschen, die andere zum Nachdenken anregen, eigene Gedanken formulieren, statt nur nachzuplappern, was sie irgendwo mal gehört oder gelesen haben. Politisch ist jeder, der gesellschaftliche Zusammenhänge nicht als gottgegeben hinnimmt.
Jeder, der dem naiven Glauben anheim fällt, sich von der Politik abwenden zu können, wird schnell feststellen, dass sich die Politik nicht von ihm abwenden wird.
- Politik ist eine Machtfrage. Aber stellen darfst du sie nicht.
— Tua res agitur. Aber deine Sache wird verhandelt. Nicht von dir.
— Die Gewalt droht doch bloß mit ihrer Anwendung. Der Terror ist also allgegenwärtig.
»Uns gehts ja noch gold.«
Ich werde das Gefühl nicht los, das dieses politische Desinteresse gar nicht aus Interessenmangel kommt, sondern aus einem tief verwurzelten Ohnmachtsgefühl heraus. Den Spruch; »Die lügen doch alle«, oder »die sind doch alle gleich« hab ich schon vor drei Jahrzehnten gehört. Übrigens, die Standartbegründung aller Nichtwähler. Das geht rein bis ins Filmgeschehen. (Star Wars Episode ? Joda:»Das sind Politiker, denen kann man nicht trauen ;-) Und das Medien lügen, wissen merkwürdigerweise »alle«. Das ist das frappanteste daran. Jeder zweite schafft heute die Gratwanderung zu sagen; »Da wird doch nur gelogen«, um dann im selben Atemzug seine Argumentation mit der Zeitung zu untermauern.
Der Gedanke der allgegenwärtigen Politik im Alltagsgeschehen sehe ich auch so. Allerdings sind viele freiwillige Engagements auch wieder unter fixer Führung. Alleine bei mir im Dorf, gibt es drei ehrenamtliche Bürgergesellschaften, die sich alle unter der Rigide eines Projektes der Bertelsmannstiftung bewegen. Die Leute darin fühlen sich alle sehr politisch.
Diese Kraken und Gartenteichangler, wäre eigentlich das erste, was man erlegen müsste.
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