Wann immer ich mich mit Leuten über die Intelligenz von bekannten Werbeikonen, Models oder B‑Promis unterhalte, bekomme ich als Antwort: »so doof können die ja gar nicht sein, schließlich machen sie viel Geld«. Man kann versuchen Intelligenz auf vielerlei Art zu messen: ob mit einem Intelligenzquotienten (von dem ich auch gar nix halte) oder daran ob und wie schnell jemand Dinge und Sachverhalte versteht, zu Reflektion und Kritik in der Lage ist, wieviel Ahnung er oder sie von Kunst, Literatur, Sport oder Musik hat, wieviel Fachwissen jemand besitzt usw. Ob man Intelligenz überhaupt messen kann oder nicht will ich hier mal dahingestellt lassen.
Heute heißt Intelligenz jedenfalls, Geld zu machen, sich anständig zu vermarkten, Dinge zu verwerten. Intelligenz an sich, ist für viele wertlos geworden, ja sogar lästig und nervig (»Diese Klugscheißer«). Intelligent sein ist nur dann erstrebenswert, wenn man sie gewinnbringend nutzen kann. Der individuelle geistige Horizont spielt hier eine untergeordnete Rolle. Einfach nur Dinge zu begreifen, zu hinterfragen und zu wissen, wird von vielen als wertlos und lästig erachtet. Wir leben in einer Zeit der Nützlichkeitsidiotie.
Diese »Nützlichkeit« ist keine Intelligenz — Intelligenz im Sinne von Verstehen, Einsicht — sondern Schlauheit — neudeutsch Cleverness. Und wie Albert Einstein schon zu recht bemerkt hat, »hat Schlauheit so kurze Beine wie Lügen«.
Diese Schlauheit ist gepaart mit Lügen, Korruption und ähnlichen menschenfeindlichen Zuständen. Und weil diese von grund auf zerstörerisch sind, werden sie auch sich selbst zerstören. Wer nicht von dieser Schlauheit betroffen sein will, muss das Spiel einfach nicht mitspielen. Aber dazu braucht man natürlich Intelligenz...
Mist. @anna hat schon alles vorweggenommen :-)
Intelligent sein ist nur dann erstrebenswert, wenn man sie gewinnbringend nutzen kann.
Findet man an vielen Stellen wieder.
Forschung macht nur Sinn, wenn sie Profit abwirft
(Gerhard Schröder)
Die Cleverness der Verkäufer als erstrebenswerte gesellschaftliche Gesamtmentaliät.
Unsere heutige Gesellschaft pervertiert immer weiter, indem sie alles auf den finanziellen Gewinn reduziert. Alles muß heute schnell und ohne Mühe gehen, der Aufwand, sich etwas wirklich zu erarbeiten, wird weitestgehend gescheut, ja sogar als Dummheit bezeichnet. Die USA sind da schon weiter, dort sind Wissenschaftler und Ingenieure »Eggheads«, Eierköpfe, deren einziger Sinn darin besteht, für andere die Profite zu erhöhen. Aber auch in Deutschland ist Intelligenz inzwischen schon ein Manko. Wer erlebt hat, wie die dummen Kinder die intelligenten Kinder in der Schule auf ihr Niveau herunterholen, der wundert sich kaum noch. Dieses Verhalten wird von der Lehrerschaft, an deren Intelligenz ich auch manchmal zweifle, nicht unterbunden. Das geht dann weiter in der Lehre oder im Studium. Wirklich intelligente Menschen erhalten in unserer Gesellschaft kaum Förderung oder Anerkennung. Ich habe den Eindruck, daß die meisten Menschen Angst vor intelligenten Menschen haben.
Zur Zeit sehe ich gerade eine DVD-Reihe über Neurobiologie (u.a. von Gerald Hüther). Es ist für hochinteressant zu sehen, daß wir in der Erziehung häufig genau das Gegenteil von dem tun, was für unsere Weiterentwicklung förderlich ist. Wir geben Menschen einfach nicht die Möglichkeit, ihre Potentiale zu entwickeln, sondern sorgen in der Ausbildung dafür, daß wir regelbasierte Zombies erschaffen. Menschen, die mit Vorgaben sehr gut zurechtkommen, sich optimal angepaßt haben (die vorhandenen Resourcen optimal nutzen), sich aber nicht mehr weiterentwickeln. Übrigens machen es die deutschen Spitenreiter der PISA-Studien genau umgekehrt. Sie geben ihren Schülern die Möglichkeit, ihre Potentiale zu entwickeln.
Aus meiner Sicht ist der Gerhard Schröder, wie die meisten Politiker, auch ein angepaßter Zombie ohne ausgebildetes Potential. Wer heute Rechtsanwalt wird, dessen Leistung besteht nicht darin, Neues zu entdecken, sondern nur, Vorhandenes optimal zu nutzen. Juristen sind Fachidioten mit Allmachtanspruch.
Wirkliche Forschung und Entwicklung ziehen ihren Sinn aus Erkenntnis, aus der erfolgreichen Suchen und Finden nach Neuem. Daher ist Grundlagenforschung so emminent wichtig. Sie kann nur funktionieren, wenn keine finanziellen Ziele dahinterstehen. Der Sinn muß das Trachten nach Erkenntnis sein.
Aber die obige Diskussion führe ich schon seit Jahrzehnten. Ich habe sehr häufig in meinem Leben das gemacht, was mir Spaß bereitete. Dabei hatte ich keine finanziellen Interessen. Immer wenn ich etwas aus finanziellen Gründen machte, habe ich mich zurückentwickelt. Die Erfolgserlebnisse blieben aus, ich habe mir Ersatzbefriedigungen gesucht, genau genommen, verdummte ich dabei. Ich habe Zeiten gehabt, da habe ich sehr viel Geld für Arbeiten ohne wirklichen Sinn bekommen. Ich bezeichnete das gern als Schmerzensgeld. Dann habe ich Zeiten finanzieller Enge, ja manchmal Not, gehabt, in denen ich mich mit neuen Sachen beschäftigt habe. Komischerweise konnte ich die Erkenntnisse nicht sofort nutzen, aber Jahre später wurden sie auf einmal wichtig und nutzbar.
Unsere ganzen hochbezahlten Stars haben nur eine Aufgabe, sie sollen die Menschen davon abhalten, selbst zu denken und zu handeln. Sie sollen den Eindruck erwecken, daß Erfolg gottgegeben ist (Talent, Aussehen), damit die Kreise der »Erfolgreichen« nicht durch den profanen Pöbel gestört werden. Es geht vor allem darum, den vorhandenen Status Quo zu erhalten, d.h. gesellschafltiche Umwälzungen oder Veränderungen zu vermeiden. Intelligente Menschen sind Störenfriede und potentiell sehr gefährlich. Und diese Gefahr muß verhindert werden, indem man diese Menschen gesellschaftlich herabsetzt.
Nur einmal angenommen, ein Mensch würde eine Energiequelle erfinden, die billig ist, unendlich viel Energie liefern kann, dabei noch sauber ist und für jeden Menschen selbst herstellbar ist. Das wäre eine Intelligenzleistung!
Was würde mit dieser Gesellschaft passieren?
Intelligenz bedeutet nicht, über die Dummheit zu triumphieren.
Zitat: »Nur einmal angenommen, ein Mensch würde eine Energiequelle erfinden, die billig ist, unendlich viel Energie liefern kann, dabei noch sauber ist und für jeden Menschen selbst herstellbar ist. Das wäre eine Intelligenzleistung!
Was würde mit dieser Gesellschaft passieren?«
Ich befürchte gar nichts, weil diesem Menschen was passieren würde...
Ein notorischer Haken an diesen Themen wie die Intelligenz ist die Leugnung, dass Menschen nie und nimmer selbstgründend sind. Durch geschichtlich gewachsene Gewichtungen der Momente des Seinsraumes des Menschen hat die Ansicht, die Menschen seien selbstgründend sich bis in das Konkrete des Alltags hinauf eingenistet. Die überhöhte Blindheit für Druck, Schub und Kraft außerindividueller Momente des Menschen ist die Gegenseite dazu. Der Mensch ist nicht selbstgründend und zwar nicht nur im abstrakten, worin er die Welt und sich nicht selbst geschaffen hat, sondern der Urknall, die evolution, der Gott or wahtever, sondern im Konkreten eines jedes Augenblicks. Die Menschen sind ausgesetzt in Bahnen mit Tendenz und Richtung, die mannigfaltigst schon eruiert wurden: das individuell und kollektiv Unbewußte, die soziale und kulturelle Genese, die Kraft des Feldes, die Macht, das Seyn um nur fünf jetzt zu nennen. Was populär als Intelligenz zusammen gemessen wird und einem Verblendungsprodukt zugeordnet wird, dem aus sich handelnden Individuum, ist zu einem großen Teil nichts weiter als ein außerindividueller Effekt. Selbst die Individualität ist ein Effekt innerhalb eines Prozesses. Es ist dies der ängstigende Abgrund, der Menschen so kränken kann, dass sie gewaltige kollektive Scheuklappen aufblasen. Wenn man das einmal verstanden hat, dann kommt die Abstrusität hervor angesichts der in alle Ecken gesickerten Fiktion, wir seien selbstgründende Entitäten, die selbst auf ihr Leben schauen müssen. Die Menschen können sich ihrer fremdgründung entziehen durch nachdenken über diese Kräfte und Solidarität über bestimmte Zeiträume hinweg, bevor sich die unabwägbare Anordnung der sozialen Welt wieder verschiebt und Hervorbringungen zeitigt, die die Menschen nicht zu einander finden lässt. Diese Intelligenten Stars, sind nichts weiter als Effekte, denen sich schonungslos ausgeliefert sind. Die Auslieferung endet erst, wenn ihnen wieder Freiheit gewährt ist.