Nachdem ich nun in Teil 1 die deutsche Kinderfeindlichkeit thematisiert habe, widme ich mich nun fairerweise der vermeintlichen Kinderfreundlichkeit. Denn nicht jeder, der augenscheinlich Kinder mag, ist zwingend uneigennützig oder altruistisch. Einige Gedanken hierzu.
Frauen, die Kinder in die Welt setzen, haben ‑ähnlich wie Lottogewinner- auf einmal jedemenge Freunde. Die Verwandt- und Bekanntschaft meldet sich, die sich vorher kaum hat sehen lassen. Entfernte Tanten, Onkels und andere möchten auf einmal alle an dem neuen Leben teilhaben und outen sich plötzlich als die großen Kinder‑, also Menschenfreunde.
Ein weiterer Punkt ist dann das bigotte Verhalten und die Doppelmoral von Kinderfreunden: auf Babys und Kinder wird Rücksicht genommen (z.B. Raucher), auf Erwachsene nicht. Kleinkindern und Babys werden jedemenge Geschenke gemacht, ihnen wird jedemenge Liebe und Aufmerksamkeit entgegengebracht — Erwachsenen weniger.
Ich denke, es gibt vielerlei Gründe, warum manche auf Kinder geradezu versessen sind:
1.) Kinder sind formbarer als Erwachsene. Man kann sie erziehen, Ge- und Verbote festlegen. Mit Erwachsenen werden Dinge eher ausgehandelt, diskutiert und Kompromisse geschlossen. Letzteres empfinden viele als anstrengend.
2.) Kleinkinder haben eine natürliche Lebensfreude und Neugier auf die Welt, die viele Erwachsene nicht mehr haben. Konsum, Materialismus, Geldgeilheit, Egoismus und Resignation haben nach und nach Wünsche, Träume und Hoffnungen bei Erwachsenen vergiftet. Kinder sind noch nicht desillusioniert und das bewundern viele Erwachsene.
3.) Es ist einfacher von Kleinkindern Liebe, Anerkennung und Bestätigung zu bekommen, als von Erwachsenen. Während man sich bei Erwachsenen die Zuneigung mühselig erarbeiten muss, erreicht man sie bei Kindern mit Spielzeug, einem Ausflug oder einer Süßigkeit schneller.
4.) So banal und komisch es klingen mag: wer Kinder hat, hat immer Beschäftigung. Manche haben es vielleicht schwer, ihr Leben aktiv zu gestalten — sobald Kinder da sind, hat man jedemenge Aufgaben zu erledigen.
5.) Kleinkinder und Babys werden von vielen als »süß«, »knautschig« und »niedlich« empfunden.
Nicht, dass ich missverstanden werde, Kinderfreunde sind mir weitaus sympathischer als Kinderfeinde. Dennoch ist für mich Kinderfreundlichkeit weitaus differenzierter zu betrachten, als es das Adjektiv »kinderlieb« beschreiben würde.
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Kann ich so eigentlich nicht bestätigen. In meinem Umfeld zumindest kommen Verwandte oder Freunde andere nicht öfter besuchen, wenn diese Kinder bekommen haben oder so. Da ändert sich eigentlich nicht viel in der Hinsicht