Eine süße Droge

PC-Spieler haben ein schlechtes Image. Nach jedem Amoklauf eines Jugendlichen werden von den Massenmedien  sog. »Killerspiele« als Sündenbock und kausale Ursache des Amoklaufs herangezogen. Daraufhin folgt die reflexhafte Abwehr-Antwort der Spielergemeinde in Online-Foren, Blogs und PC-Spiele Magazinen. Beide Seiten thematisieren in diesem Diskurs kaum das immer größer werdende Bedürfnis der Jugend, ihre Zeit mit PC- und/oder Konsolenspielen zu verbringen. Einige Gedanken hierzu.

Im Jahre 2008 setzte der Handel 21,9 Millionen PC-Spiele-Titel ab und machte damit einen Umsatz von knapp 700 Millionen Euro. Die Kinoindustrie in Deutschland machte im Jahre 2008 einen Umsatz von 794,7 Millionen Euro. Obwohl also für PC-Spiele und Kino fast genauso viel Geld ausgegeben wird, haben PC-Spiele und Spieler nach wie vor, ein sehr viel schlechteres Image. Ins Kino gehen hat etwas von verklärter Hollywood-Romantik, von Spannung, sich-verzaubern lassen und gilt als angesagte Freizeitunternehmung. Wer von sich behauptet, an einem Freitagabend einem PC-Spiel zu fröhnen, der gilt schnell als langweilig, als Nerd, sozial isoliert oder verklemmt. Dabei sind beide Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, Kino und PC-Games, längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Verschiedene Spiele fördern bzw. betonen unterschiedliche charakterliche menschliche Eigenschaften. So unterstreicht ein Sportspiel den Wettbewerbsgedanken, ein Adventure die Lust an einer guten Geschichte und ein Hack und Slay Spiel, wie z.B. Diablo 2, den Sammeltrieb und die Habgier. Wobei es hierbei natürlich keine trennscharfen Linien gibt. Viele Spiele sprechen mehrere Aspekte gleichzeitig an. Dennoch kann die Reflektion darüber, welche menschlichen Eigenschaften ein Spiel ansprechen könnte, interessante Perspektiven zu Tage fördern. Bei Ego-Shootern z.B., geht es, meiner Meinung nach, hauptsächlich um das Thema Macht: die Entscheidung über Leben und Tod. Insofern ist es kein Wunder, dass die jugendlichen Amokläufer vor allem Ego-Shooter gespielt haben, denn sie fühlten sich im realen Leben machtlos und ohnmächtig.

Ausgiebiges zocken kann den Charakter beeinflussen und prägen, auch wenn PC-Spieler das nicht gerne hören. Und ohne der einseitigen Medienkampagne des Ego-Shooter spielenden Amokläufers zuzustimmen, so bin ich doch der Meinung, dass PC-Spiele eine Wirkung haben. Das Argument der Spieler-Community, dass zocken doch nur eine Freizeitbeschäftigung von vielen sei, verharmlost und ist naiv, denn letztlich prägt jede Freizeitbeschäftigung, sei es fernsehen, lesen, Party machen oder Sport treiben. PC-Spiele machen da keine Ausnahme. Inwiefern PC-Spiele prägen, ist hierbei die interessante Frage. Dazu ein Beispiel:

Beim Chat von Onlinespielen gibt es die sog. Internetsprache, die vor allem vekürzend ist und Emotionen beschreiben soll. Ein Ausdruck, der im Chat oft benutzt wird und darstellen soll, dass sich gerade jemand vor lachen krümmt ist »laughing out loud« (kurz: lol). Wenn ich mich nun im realen Leben (real life. Kurz: RL) mit jemandem unterhalte und er in einer für ihn lustigen Situation, nicht laut lacht, sondern nur »lol« sagt, dann hat eine Spiele-Prägung stattgefunden.

PC-Spiele erfreuen sich vor allem auch deshalb so großer Beliebtheit, weil es ein schnelles und unmittelbares Erfolgsgefühl gibt. Bei Rollenspielen steigt man einen Level auf, wird stärker und darf Punkte verteilen, bei Autorennen belegt man den ersten oder zweiten Platz und bei Ego-Shootern hat man die meisten »frags« (Killscore) erzielt. Erfolgsgefühle, die im RL, also im Berufsleben oder im zwischenmenschlichen Bereich vielleicht weniger vorhanden sind oder zumindest nicht so schnell und direkt eintreten. Computerspiele fungieren hier also, psychologisch gesehen, auch als Kompensator und Ersatzbefriedigung. Was aber nicht bedeutet, dass jeder PC-Spieler gleich ein vom Leben enttäuschter oder frustrierter Mensch ist.

Denn so wie es nicht das Pc-Spiel gibt, so gibt es auch nicht den PC-Spieler. Die Motivation der Zocker ist sehr unterschiedlich. Ob der Gelegenheitsspieler, der Feierabendzocker, der Hedonist, der Leistungs- und Erfolgsorientierte oder der Spielsüchtige — sie alle sind PC-Spieler, die zwar alle vorm Bildschirm sitzen, aber sich dennoch voneinander unterscheiden. Das schlechte Image von PC-Spielern hängt letztlich auch damit zusammen, dass in der Presse, PC-Spieler allesamt mit Spielsüchtigen gleichgesetzt werden.

PC-Spiele und PC-Spieler sind vor allem ein Spiegel unserer Gesellschaft. Leistungsdruck, Erfolgsdrang, Konsum, Machtgeilheit, Habgier, Egoismus, Expansion, Sammeltrieb, Sucht, Wettbewerb und Hedonismus — sind alles Dinge, die eben nicht nur im virtuellen Raum der PC-Spiele stattfinden, sondern in der deutschen Gesellschaft und im Alltag fest verankert sind. Insofern sind PC-Spiele nicht zwingend eine Paralellwelt, sondern Ausdruck unseres Lebens. Gleichzeitig schaffen es aber so manche Games, in uns die Sehnsucht nach einer anderen Welt zu wecken.

 

15 Gedanken zu “Eine süße Droge

  1. Also ich finde, dass du diese Eigenschaften, die von den Spielen betont werden, falsch eingeschätzt hast. So geht es meiner Meinung nach bei Ego-Shootern nicht um Macht. Da sollte man zunächst zwischen Einzel- und Mehrspielermodus differenzieren, da sich das Spielgefühl diesbezüglich erheblich unterscheidet.
    So will man bei einem CS-Match hauptsächlich wie bei den Sportspielen einfach nur zu gewinnen. Dabei ist es egal ob man den Gegner tötet oder nur besiegt. Wohl die wenigsten gehen am Ende einer CS-Runde, anstatt die Bombe zu legen, auf die Suche nach dem letzten Gegner, nur um den Feind wirklich ausgelöscht zu haben. Wenn man es tut, dann weil man den Gegner zum Beispiel blamieren will, was aber bei derartigen Wettbewerben einfach dazu gehört. Natürlich kann man das auch als Bedürfnis nach Macht sehen, aber dann müssten Fußballspieler auch machthungrig sein. Überhaupt kann man Real- und Spielwelt bei dem Thema nicht einfach gleichsetzen. Spiele wie Diablo haben bestimmt noch niemandem in seinem wahren Leben gieriger werden lassen, obwohl man im Spiel aber so handelt. Die Spiele wie Multiplayer-Shooter und Hack’n Slays sind von sich aus gefühlsmäßig meiner Meinung nach nämlich erst einmal neutral. Die Gefühle kommen erst dann ins Spiel, wenn man zB. Erfolge erzielt. Solche Spiele sind in dieser Hinsicht meiner Meinung nach also irgendwie vergleichbar mit Tischtennis. :D Die einzige charakterliche Veränderung, die mir bei diesen Spielen logisch erscheint, ist der möglicherweise wachsender Wunsch nach Wettbewerb, wie du ihn schon bei den Sportspielen erwähnt hast. Und dadurch könnte unter Umständen sogar noch das eigene Selbstbewusstsein steigen.

    Ganz anders sieht das aber mit Spielen wie Shootern und Rollenspielen aus, die man alleine spielt, wobei Adventures natürlich auch dazu zählen. Wenn da dann auch Wert auf eine gute Geschichte oder Atmosphäre gelegt wird, kann sich das Spiel auf den Charakter auswirken, da dabei meiner Meinung nach nur derartige Faktoren eine Rolle spielen. Diese sorgen auch bei Filmen oder Büchern für die erfolgreiche Beeinflussung des Konsumenten. Und weil Spiele dabei aber noch lange nicht so weit sind, wie die anderen Kunstformen, können wir noch lange warten bis wir wirklich charakterlich prägende Spiele spielen können. :D

    Der Film Fight Club zum Beispiel hat einige Menschen in meinem Umfeld tatsächlich derart fasziniert, dass sie Tyler Durdens meist faschistische Ansichten vollkommen akzeptiert haben und irgendwie selbst aktiv werden wollten. Sicherlich viele Männer haben zumindest kurz mit dem Gedanken gespielt, mal einen eigenen Fight Club aufzumachen, oder Projekt Chaos zu starten, oder auf den Nullpunkt zu kommen.
    Das Buch 1984 ist für einige Menschen, die sich für diese typischen »aufgewachten« Systemkritiker oder Rebellen halten (wozu ich mich auch irgendwie zähle xD), bestimmt eine Art Bibel.
    Und die echte Bibel hat in 2000 Jahren viele Milliarden Menschen beeinflusst...

    Derartiges kann noch kein Spiel von sich behaupten. Alle drei Beispiele können den Charakter eines Menschen komplett verändern. Bei Spielen ist das bisher wohl nur in Ausnahmefällen geschehen, wobei die Spiele aber nur, wenn überhaupt, der Auslöser und nicht der eigentliche »Grund« waren. Wenn man das also wirklich objektiv vergleicht, ist diese ganze Debatte völlig übertrieben, wie ich finde.

  2. @nachtmensch

    Ich habe nicht geschrieben, dass Diablo 2, Menschen im realen Leben gieriger werden lässt, sondern dass dieses Spiel diesen Aspekt anspricht.

    Desweiteren finde ich es interessant, dass Du genau die Verharmlosungsstrategie fährst, die ich oben schon erwähnt habe. Ich kann mich nur wiederholen: JEDE Freizeitbeschäftigung prägt und beeinflusst den Charakter. Weshalb sollten PC-Spiele da eine Ausnahme machen? Und warum tun sich Zocker so schwer, sich mal ernsthaft zu reflektieren?

    Es gibt in den USA schon dutzende WOW-Entzugskliniken, warum wohl? Browserspiele zwingen den Spieler, seine Zeit, seinen Alltag, dem Spiel anzupassen. Sprache verändert Denken und da macht die Chatsprache auch keine Ausnahme usw.

    Mir geht es nicht um die moralische Verurteilung der ach so »bösen Zocker«. Ich bin schließlich selbst einer! Nur ein wenig ehrliche Selbstreflektion würde auch mal Zocker aus der Verteidigungshaltung herausbringen und sie emanzipieren ;)

  3. Naja du hast doch oben einige Charaktereigenschaften aufgezählt, welche durch verschiedene Spiele betont und eben auch gefördert werden würden. Das heißt für mich, dass auch Gier durch Diablo gefördert wird. ;)

    Ich hab gar nicht direkt bestritten, dass Spiele den Charakter eines Menschen prägen können. Ich hab gesagt, dass dieser Einfluss im Vergleich zu anderen Medien relativ gering ist. Da es in deinem Text prinzipiell um diese Killerspieldebatte geht, habe ich auch in diese Richtung argumentiert. Dabei habe ich versucht das Thema aus einem anderen Blickwinkel anzugehen, indem ich diverse Vergleiche herangezogen habe. Denn wenn man die oben genannten Argumente beachtet und für ein »Killerspiele«-Verbot ist, sollte man konsequent sein und auch entsprechende Filme und Bücher verbieten.

  4. Da stimme ich Dir doch vollkommen zu. Ich bin auf der Seite der Spieler! Ich hab vor vier Jahren schon der konstruierten Kausalität, Ego-Shooter-Spieler=Amokläufer widersprochen! Kann man hier nachlesen ;)

    Mir geht es aber jenseits der »Killerspiel-Debatte« auch darum, sich zu reflektieren und anzuerkennen, dass Spiele prägen und beeinflussen. Genau das, fällt der Spiele-Community aber scheinbar sehr schwer.

  5. Mein Kommentar ist jetzt sicher sinnlos inkompetent, da ich selber eher zur LaraCroft-Generation gehöre, und irgendwo zwischendurch auch die Lust generell verloren habe. Dabei aber zusehe, wie der Nachwuchs sich damit abquält, und zumindest halbpädagogisch auf dem Laufenden bin. Irgendwo wo Jahren, hatte ich mal selber beim Heizen der alten GameCubes mittels MetroidPrime (ja, ich weiß, alte Hüte ;-), ein Schlüsselerlebnis. Mir hatten die Welten darin so gut gefallen, dass es richtig genervt hatte, immer irgendwie eine alberne Baller- oder Geschicklichkeits-Aktion fabrizieren zu müssen, um eine weitere sehen zu können. Das ganze Punkte und Karrieregedöns darin, habe ich tatsächlich nur gemacht, um dann gemütlich mir die Ideen der Designer und Entwickler ansehen zu können. Wobei natürlich auch ständig, immer irgendetwas nerven und stören musste. Ich hatte mir damals sehnlichst, schlichte einfache Walk-Through Sachen, nur zum Anschauen gewünscht. Oder wenigsten mit ein paar einfachen Denkhürden dazwischen. Und bin bis heute nicht fündig geworden.

    Was ich damit meine ist, dass man nicht nur bezüglich Spielen, sondern generell im Umgang mit virtuellen Welten einer ziemlich abgeschmackten und offenkundigen Einseitigkeit, ohne echten Einfallsreichtum frönt. Wie epikur schreibt, ist es ein Spiegel. Ok. Akzeptiert. Aber ist es nicht ein wenig langweilig, ständig immer nur, zwar bunt, aber letztendlich ziemlich unkreativ, nach immer gleichen nachfragebedingten Mustern auf unterschiedliche Weise, dass doch Gleiche zu produzieren. Wozu taugen virtuelle Welten, wenn sie lediglich Spiegel sind? Ausserdem erzeugt man in einem angebotsorientierten Markt, Nachfrage mittels Angeboten. Irgendwas, ist doch da in einer Sackgasse hängen geblieben, oder? Auch die größte Vielfalt, nach immer gleichem Schema, kann über die Einseitigkeit nicht hinwegtäuschen.

    Vielleicht nicht ganz leicht nachzuvollziehen, aber mir liegt die Konzentration generell zu sehr auf dem Wort »Spiel«. Aber selbst der Spielecharakter, kommt im größten Teil nicht mehr rüber. Es geht um Karrieren, Selbstbestätigungen usw. Letztendlich Winner and Looser, nach immer gleich langweiligem Schema.

  6. Na, um Macht ging es bei mir nicht, als ich Ego-Shooter noch spielte. Ich habe es nur aufgegeben, weil ich die neuen nicht mehr beherrsche, da ich sauschlecht spiele. Ich bin leidenschaftliche Sacred-Spielerin. Gierig war ich noch nie, bin es auch nicht geworden. Das Sammeln der Gegenstände ist mir beim Spiel eher zweitrangig. Ich freue mich einfach, wenn’s mal eine schöne neue Rüstung ist. Und ich freue mich auf Heiltränke, die ich finde, damit ich die nicht kaufen muss. Ich zerhacke auch gern Bösewichter, die meinem Auftrag entgegenstehen. Ich freue mich, wenn ich eine Figur so geskillt habe, dass ich die Aufgabe ohne Heiltränke hinbekomme. Und das ist gar nicht so einfach, jedenfalls für mich. Es macht einfach Spaß, Wege zu finden, Aufgaben zu lösen und auch zu kämpfen. Ich würde da nicht soviel reingeheimnissen.

  7. Ich finde es gut, dass du das Thema mal aufgreifst und nach dem »impact« von Video-/Computerspielen fragst.

    Das mit dem »lol« stimmt tatsächlich, allerdings ist da schon eine Inflation zu beobachten. Damit meine ich, dass man schon längst auch bei Dingen »lol« kommentiert, obwohl der Gegenstand des Lachens nun relativ gesehen niemand dazu bringt, lachend auf dem Boden zu liegen oder lautschallend zu lachen. Mittlerweile wird »lol« mehr wie ein »ja, das ist ziemlich witzig« oder ein »haha« verwendet.

    Und bei Shootern mag es je nach Qualität der Arbeit der Entwickler tatsächlich nur um Macht gehen. Allerdings findet in der Regel oft die von dir oben beschriebene Überschneidung statt. Vor allem mit dem Wettbewerbs- bzw. Herausforderungsgedanken. Deswegen ist eines der wichtigen Kriterien zur Bewertung von Shootern, wie zahlreich und anspruchsvoll die Schwierigkeitsgrade gegeben sind. Aspekte wie eine gute Handlung sind nur selten von den Entwicklern mit beabsichtigt. Daher auch die Unmenge an »plumpen Ballerspielen«.

    Was ich auch behaupte ist, dass gewisse Typen von Spielen die persönliche Art zu denken beeinflussen. Das beziehe ich auf Spiele, wo es vorwiegend um eine gut erzählte oder eine besonders komplexe Handlung inklusive Hintergrunduniversum geht. Dort kann es nämlich dafür sorgen, dass der Spieler anfängt, sich allgemein für Hintergründe, Ursache-Wirkung-Relationen zu interessieren und geht dann mit dieser Einstellung zurück in die »wirkliche« Welt.

    Ich finde es besonders schwierig eine Grenze zwischen »leidenschaftlich betriebenes Hobby« und »Sucht« zu ziehen. Da müsste man wohl nochmal genauer unterscheiden / forschen.

    inhaltliches edit:
    Bin selbst Spieler (aka »Gamer«) und mir bewusst über den Einfluss den Gesellschaft auf Spieleentwickler hat — und umgekehrt.

  8. Ich finde es schwierig zu sagen wie weit ein Spiel einen beeinflussen kann.
    Nach meine Erfahrungen mit Ego-Shootern geht es auch nicht um Macht ich denke das ist das falsche Wort, es ist eher wie in den Sportspielen. Man will besser sein bzw. schneller und sicherer im Treffer erzielen. Ich sehe in den Charakteren auch keine Menschen oder Dinge die man tötet. Es ist kein »echtes« töten und die Emotionen(zB. Aggression) wäre hierbei vollkommen unangebracht. Niemand kann bei einem Ego-Shooter punkten wenn er dabei seine Aggressionen auslebt. Man muss die Ruhe bewahren und sich voll Konzentrieren.
    Das ist meine Sicht der Dinge.

  9. Also das mit der Kurzprache sehe ich anders. Ich wage mal zu behaupten, dass es das »lol« schon vor dem ersten Spiel gab, dass ein Chatsystem hatte...

    Des Weiteren finde ich das Beispiel von nachtmensch schon ganz gut. Man lässt sich doch nicht einfach so von etwas prägen, wenn man ein Buch liest, ein Film schaut oder ein Spiel zockt, dem man von der Gesinnung her nicht zustimmt.

    Ich kenne das auch nur bis her von Büchern, wenn Gedankengänge oder Ansichten gut und ausgiebig erzählt werden, dann lasse ich mich auf diese ein, wenn sie mir gefallen und ich sie verstehe. Wenn ich in einem Spiel ständig Menschen erschieße oder zerstückle oder was auch immer, dann finde ich das noch lange nicht richtig und meine Hemmschwelle sinkt dadurch auch nicht. Es kommt, wie immer, auf die Person an, die sich eben beeinflussen lässt und nicht über die eigenen Handlungen refelektiert.

  10. In der Septmeberausgabe des wissenschaftlichen Magazins Psychologie Heute war ein wunderbarer Artikel über die hier diskutierte Thematik dabei.

    Wenn man in einem Egoshooter einen Gegener tötet ist dies, auch wenn es sich um eine Simulation handelt, eine aggressive Handlung. Versuche haben ergeben, dass sich das Spielen von Games mit aggressiven Inhalten negativ auf die Hilfbereitschaft auwirken kann. Im krassen Gegensatz dazu stehen prosoziale Spiel. Nachdem eine Gruppe von Probanten ein Spiel spielte, bei dem es darum ging Menschen aus brennenden Häusern zu retten, waren diese tatsächlich hilfsbereiter (sie halfen dem Versuchsleiter eher Stifte aufzusammeln, die er scheinbar versehentlich fallen ließ).

    Ist das nicht groovy, ihr peacigen Atzen?

    Jedoch sei angemerkt, dass sich das Spielen von Peng-Peng-Totschieß-Spielen positiv auf die Geschicklichkeit des Spielers auswirken kann und das räumliche Vorstellungvermögen schult ;)

  11. Was die Kurzsprache angeht:
    Die gab es sicherlich schon lange vor den Spielen, die Frage ist wie lange Chatabkürzungen im normalen Sprachgebrauch schon benutzt werden.

    Gerade »lol« hat mich schon öfter genervt. Ich habe mich auch schon darüber gewundert wie eine Abkürzung die eine Gestik oder ähnliches beschreibt im Alltagsleben Verwendung findet, obwohl einfach die entsprechende Gestik benutzt werden könnte. Letztendlich liegt das aber auch daran, dass eine Abkürzung wie »lol« auch im chat inzwischen inflationär benutzt wird und nicht mehr zwingend den exakten Wortlaut darstellt.

  12. Computerspiele sind virtuelle Realitäten. Es hängt viel von der Phantasiefähigkeit des Spielers ab, von der Fähigkeit oder Unfähigkeit sich in diese Welten versinken zu lassen, wie stark die invidiuelle Beeinflussbarkeit ist.

    Tatsache ist: Rein nur das Hantieren mit einer echten Schusswaffe am Schießstand sorgt für ein messbares Machtgefühl. Genau um dieses Machtgefühl geht es in Computerspielen sehr häufig, in Shooter Games im Speziellen. Die Snipersicht, die in kaum einem Shooter-Spiel fehlt, bringt es auf den Punkt.

    Natürlich wäre eine Reduktion auf diesen Punkt genauso falsch, wie diesen Punkt zu ignorieren oder zu behaupten, es stimme gar nicht.

    Der Ursprung der Shooter Spiele ist wie so vieles auch in der Nutzung der Militärs vergraben. Hier wird auch nur im Spiel eine Handlungsweise trainiert, wie wir das von militärischen Übungen her kennen. Desto detaillreicher, emotionsgeladener und realitätsnäher diese Übungsspiele sind, desto effektiver ist das Training für echte Soldaten.
    Es gibt kein Pardon und keine noch so schönrednerische Studie kann diese Zusammenhänge wegwischen. Wer anfängt hier relativierend zu diskutieren, ist schlicht unehrlich, will sich dem Kriegsübungsplatz im Kinderzimmer nicht nähern.

    Davon abgesehen verstehe ich Zocker trotzdem, denn bis ich mir über diese Zusammenhänge im Klaren war, habe ich genauso Shooter gespielt, wenn ich auch etwas gegen überflüssige Gewalthandlungen hatte, die in Splatterelementen oder lustvoll inszenierter Gewaltdarstellung auftauchten.

    Genau hier ist der Kernpunkt meiner These. Gewalt wird viel zu oft als Spass erlebt, sie ist aber kein Spass. Es ist Qual für die Opfer und Ausdruck von Krankheit bzw. Verrohung oder »Psychopathisierung« beim Täter. Die Lerneffekte, die im Artikel angesprochen wurden, kann kein Mensch einfach ausschalten. Reflektion ist tatsächlich hilfreich, verhindert aber die Lernpotentiale nicht. Die reale Welt ist für unser Gehirn auch nicht viel mehr als eine virtuelle Welt. Sie wird im Gehirn erschaffen aus Mustern, die wir in der Realität wahrnehmen. Genauso lösen auch virtuelle Welten vergleichbare (Lern)Reize aus.

    Heute wissen wir, daß Bildschirmkonsum Menschen beeinflußt und verändert.

    http://video.google.com/videoplay?docid=5026271485979559338

    Manfred Spitzers Vortrag »Vorsicht Bildschirm«

    Buchbesprechung hier:

    http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=5021958

  13. Einen weiteren Aspekt möchte ich ansprechen. Die Verschiebung von aktiver Unterhaltung und Freizeitgestaltung, hin zu passiver wie eben auch Computerspielen.

    Der durch zivilisatorische Eingriffe geschädigte Mensch, durch maschinisierte Arbeit seiner Schöpfungskraft beraubte Mensch, verliert zunehmend die Fähigkeit zur eigenen Schöpfungstätigkeit. Er erlernt vieles nicht mehr. Sein Leistungsreportoire verarmt, weil in der zunehmend mechanisierten dem Profitstreben und Produktionsprozess unterworfenen Gesellschaft, das künstlerische Schaffen grundsätzlich nützlich ist. Jeder Mensch braucht mehr oder weniger die Möglichkeit diese Eigenschaften zu erlernen, zu prägen und auszuleben. Wenn er aber bereits so weit im menschlichen Wesen reduziert ist, das er dieses nicht mehr kennt, wird er empfänglicher für aussengesteuerte Unterhaltung. Er erschafft seine Unterhaltung, seinen Zeitvertreib nicht mehr, sondern bekommt ihn vorgesetzt, vorgelebt.

    Bildschirmunterhaltung gilt seit jeher als eine Alltagsdroge, die für diese Klientel wichtig geworden ist, weil jene sonst ihre Verarmung im Schädel hämmern hören könnten und daran Irre würden.

    Nicht mehr Musik machen sondern Musik hören ist heute Angelpunkt. Nicht mehr selbst spielend die Welt erkunden, sondern sich die Welt in Spielen oder Fernsehbeiträgen vorgeben lassend, durch eine lineare reizarme surreale Welt mitschleifen lassen. Dabei wird die Prägung noch verstärkt, weil das aktive sich selbst Beschäftigen immer mehr in den Hintergrund tritt, oft erst langwierig erlernt werden muss, wenn eine Alltagsdroge wie WOW wegfällt. Zumeist kommt es nur zum Ersatz einer Droge durch die nächste und eine völlige Neuorientierung gibt am ehesten noch das Arbeitsleben vor.

    Ein bischen konfus in der Erläuterung, ich hoffe meine Aussage wird trotzdem verstanden.

    MFG

  14. Sein Leistungsreportoire verarmt, weil in der zunehmend mechanisierten dem Profitstreben und Produktionsprozess unterworfenen Gesellschaft, das künstlerische Schaffen grundsätzlich nicht nützlich ist.

    Da fehlte doch glatt ein wichtiges »nicht« :o)

  15. Um mal den Titel »Eine süße Droge« aufzugreifen und Hannzis Beitrag weiter zu spinnen...

    Wärend wir uns nun alle in von Medien geschürten Debatten befinden, vergessen wir meiner Meinung nach die Debatten die wir führen sollten.

    Meine Top 3

    3. Totale Überwachung durch Videokameras und Onlinedurchsuchungen

    a) http://www.youtube.com/watch?v=wcVRlzP6SQA
    Merkel plädiert für totale Überwachung

    b) http://www.youtube.com/watch?v=ocovwMkDkns&feature=related
    Schäuble zu Onlinedurchsuchungen (achtet mal darauf was er ab 00:50 sagt)

    Mal im Ernst, Kameras sollen Terroristen aufhalten? Und jeder EXPERTE weiß, dass ECHTE Terroristen es verstärkt VERMEIDEN moderne Komunikationstechniken zu nutzen um eben nicht geortet zu werden usw.)

    2. Unsere Erbschuld an den Verbrechen der Nazis und damit eine uneingeschränkte Solidarität mit Israel

    (Ich bin KEIN Nazi und verurteile jeden der die Verbrechen an den Millionen von Juden leugnet oder gutheißt, ABER vergangenes darf uns nicht den Mund verbieten über Unrecht im Hier und Jetzt zu sprechen!)

    a) http://www.youtube.com/watch?v=eSfnijTMSqQ&feature=related
    Ahmadinedschad spricht zu Deutschland (OMG ACHTUNG TEUFEL IRAN!!! ^^)

    UND 1.

    Eine Debatte über eine längst fällige Abwendung von unserem derzeitigen Geldsystem, den hier läuft nunmal alles zusammen. (Informiert euch mal über Geldschöpfung, Zinsen, Zinseszins und den Neokonservatismus)

    […] in a parting irony he [Sadam] will take the United Nations down with him. Well, not the whole United Nations. The ‘good works’ part will survive, the low-risk peace-keeping bureaucracies will remain, the looming chatterbox on the Hudson will continue to bleat. What will die in Iraq is the fantasy of the United Nations as the foundation of a new world order.”

    – Richard Perle
    http://de.wikipedia.org/wiki/Neokonservatismus

    Last uns bitte an einer Lösung arbeiten, aber dazu müssen wir über die RELEVANTEN Themen reden.

    MFG

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