»Versuchen Sie, ein positiver, fröhlicher, heiterer Mensch zu sein. Seien sie optimistisch, und ermutigen Sie andere. Seien Sie fröhlich und locker. Legen Sie sich eine Ausstrahlung zu, von der andere sich angezogen fühlen. Egal, wie es in Ihrem Privatleben aussieht, lassen Sie es die Kunden nicht spüren.«
- Brian Tracy, Verkaufsstrategien für Gewinner, Seite 76
Lächeln gehört zum Geschäft. Lächeln ist Geschäft. Mit Lächeln macht man Profite, lockt Kunden an, gibt ihnen ein gutes Gefühl. Lächeln ist ein immanenter Bestandteil der Verkaufsstrategie, der Werbung. Eine Maßnahme, die Geld in die Taschen der Profitmacher spülen soll. Lächeln ist hier nicht nur künstlich, kalt und unehrlich, sondern verbirgt die Fratze des Kapitalismus: Egoismus, Gier und Profitdenken. Der zwischenmenschliche Mechanismus der Anziehung und Sympathie wird instrumentalisiert, zur Ware degradiert. Ob Versicherungsvertreter, Bankangestellte oder Kassierer – sie alle sollen ein »freundliches Auftreten« an den Tag legen und möglichst viel lächeln.
Lächeln ist Ausdruck von Lebensfreude, Fröhlichkeit, Zufriedenheit oder sogar Glück. Lächeln ist ein Stimulus, dass auf äußerliche Eindrücke Bezug nimmt. Lächeln ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Der kapitalistische Verwurstungswahnsinn pervertiert es zum Verkaufsargument. Lächeln ist hier nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Überall wo verkauft wird oder wo Lohnarbeiter mit Menschen zu tun haben, wird von ihnen verlangt, freundlich zu sein, zu lächeln. Lächeln als Zwang, als Anzug, als Anordnung, als Maske und als Lüge.
Psychologen der Frankfurter Universität haben herausgefunden, dass zwanghaftes Dauerlächeln sogar zu Depressionen führen kann, wenn man sein wirkliches Wohlbefinden unterdrücke. Vielmehr darf der Lohnarbeiter kein Mensch sein, dem es auch mal nicht gut geht oder der schlechte Laune hat. Nein, er muss einem Roboter gleich funktionieren, soll immer gut drauf sein, freundlich lächelnd auf Menschen eingehen können. So kann der Profit vermehrt werden. Wer seinen wahren, echten Gefühlen freien Lauf lässt, wird auf Dauer für viele Unternehmen zum Problem.
Wer über hundert mal am Tag seinen Kunden ein »schönes Wochenende« wünscht und sie anlächelt, legt sich ein zweites Gesicht zu, ein Image, eine Pseudo-Emotionalität, um nicht verrückt zu werden und um nicht an soviel künstlich erzeugter positiver Energie zu ersticken.
»Ottis Schlachthof« mit Ottfried Fischer ein Begriff? Ja? Dort hat jemand dieses »Bitte lächeln« schon vor 2 Jahren sehr lustig niedergemacht.
Mal aus der Erinnerung:
»Ich ging in die Apotheke, um ein Zäpfchen zu kaufen, die Apothekerin verabschiedete mich mit einem freundlichen Lächeln, und »Viel Vergnügen damit«. Ja?! Was meint die eigentlich was ich damit vorhabe????« War Satire, alles weiß ich leider nicht mehr, aber er hat es wirklich toll ausgemacht.
Wäre vielleicht auch einmal etwas für »Neues Aus der Anstalt«, aber leider weiß ich den Namen es Kabarettisten nicht mehr, aber die Lacher waren groß bei Ottfried Fischers »Ottis Schlachthof«.
Soll heißen:
Das aufgesetzte Lächeln ist mittlerweile so bekannt, dass es sogar satirisch ausgemacht wird.
Gruß
Bernie
... lächeln und den unsäglich dämlichen Satz: Was kann ich für sie tun ... stereotyp, in der ISO was-weiß-ich-nicht hinterlegt für ein sogenanntes Qualitätsmanagement unerlässlich, der Mensch als Nichtmensch.
Na, ihr wollt doch jetzt nicht das gewinnende Lächeln des charmanten Verkäufers mit den großen Ohren niedermachen?
Bei jedem Einkauf im Supermarkt, wenn die Kassiererin, (was hier anscheinend jetzt Vorgabe ist), mit diesem aufgesetzten Lächeln, die Frage stellt »War alles recht?«, — überlege ich mir wie ich ihr mitteilen kann, das sie mir lieber den Stinkefinger zeigen soll, ohne das sie ihren Job dabei verliert. Ich bin an Vorschlägen interessiert.
Das Lachen des Clowns, dem gerade jemand weggestorben ist. The show must go on.
Zusatz:
Wie lästig übrigens diese blöde »Schönen Tag noch« sein kann erlebte ich am eigenen Leib als mein Vater, den ich sehr gerne hatte, starb. Ich habe seinen Tod bis heute nicht ganz verkraftet. Als die Sache noch frisch war hätte ich jeder Verkäuferin am Liebsten an den Hals gewünscht was ich mitmache.....
Ich weiß, die können nicht in Menschen hineinsehen, aber irgendwie hat es mich doch genervt.....ich denke damit bin ich nicht allein....
Gruß
Bernie
PS: Zum Kabarettisten in »Ottis Schlachthof« noch, der hat auch noch so eine Pointe über Tschibo gebracht, die Verkäuferinen würden dort immer »OK!« — mit komischem Zungenschlag sagen. Er hat dann, vor dem Publikum gemeint, er habe der Verkäuferin gesagt, dass er gerade in eine Ecke des Verkaufsraums gepiselt hätte worauf die fragen »Ok?« — mit aufgesetztem Lächeln — gemeint hätte. War echt ein guter Kabarettist und ich hoffe, den verschlägt es einmal in »Neues aus der Anstalt«, da seine Witze auch zum Bauchhalten waren ;-)
@all
Hat mir, da ich heute Zeit habe, keine Ruhe gelassen und mal recherchiert.
Der Kabarettist in »Ottis Schlachthof« heißt Helmut Schleich, und — sorry da habe ich mich getäuscht, es sind noch keine 2 Jahre, und, da hat meine Erinnerung mir auch einen Streich gespielt, er hat die Sache wirklich lustiger als ich rübergebracht — ist hier im Netz noch einmal anzusehen — vom 26.06.09:
http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=2691226
Viel Spaß damit ;-)
Mir hat’s gefallen, das Ausmachen des »Freundlichkeitsterrorismus« (so die Überschrift dort).
Edit: Ottfried Fischer fand ich nicht so gut, aber Helmut Schleich hat’s ja ausgewetzt.
Gruß
Bernie