...sind die drei Begriffe, die einem als erstes entgegen geworfen werden, wenn man sich den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP zur Legislaturperiode 2009–2014 anschaut. Was sich der schwarz-gelbe Sumpf für die nächsten vier Jahre vorgenommen hat, habe ich mir einmal genauer angeschaut und mich ein wenig durch den Koalitionsvertrag gequält.
Wachstum und Aufschwung will die künftige Bundesregierung durch folgende Politik erreichen:
1.) »in dem wir sofort damit beginnen, die Steuern zu senken, bürokratische Hemmnisse abzubauen und mehr Anreize zu schaffen, damit sich reguläre, sozialversicherungspflichtige Arbeit in allen Bereichen lohnt«
2.) »einen nachhaltigen Kurs der Sparsamkeit, der Transparenz der öffentlichen Finanzen und der verlässlichen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte verfolgen.«
3.) »Die Beteiligung des Staates an Wirtschaftsunternehmen und Finanzinstituten ist so eng wie möglich zeitlich zu begrenzen. Dazu werden wir jetzt mit einer Ausstiegs-Strategie beginnen.«
Was nichts anderes bedeutet, als das weltweite Spielcasino schnell wieder zu eröffnen, Sozialabbau und viele weitere Kürzungen voranzutreiben und (Groß-)Unternehmen noch weiter von der Finanzierung der solidarischen Sicherungssysteme auszunehmen. Hallelujah!
Zum Arbeitsmarkt sagt der Koalitionsvertrag zum Beispiel folgendes:
1.) »Einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn lehnen wir ab.«
2.) »Wir wollen die Arbeitsanreize auch für gering entlohnte Beschäftigungsverhältnisse (Mini-Jobs) verbessern.«
3.) »Die überwiegende Mehrheit der Bürger ist bis ins hohe Alter körperlich und geistig fit. Wir wollen die Kenntnisse, Kompetenzen und Kreativität älterer Menschen für unsere Gesellschaft nutzen.«
Was soviel heisst wie: Lohndumping, Ausweitung des Niedrig-Lohnsektors, Verlängerung der Lebens-Arbeitszeit für Ältere und womöglich bald die Rente mit 69 oder 70.
Zur Klimapolitik wird folgendes gesagt:
1.) »Auf EU-Ebene werden wir uns gegen die Einführung von Klimazöllen und CO2-Abgaben einsetzen.«
2.) »Die Kernenergie ist eine Brückentechnologie, bis sie durch erneuerbare Energien verlässlich ersetzt werden kann. Dazu sind wir bereit, die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke unter Einhaltung der strengen deutschen und internationalen Sicherheitsstandards zu verlängern.«
Das wars mit dem Atomausstieg und dem Klimaschutz! Interessant auch die Anmerkungen zur Verkehrspolitik:
»Wir wollen die 1994 erfolgreich begonnene Bahnreform weiterführen. Das Unternehmen Deutsche Bahn AG werden wir in seiner positiven Entwicklung begleiten. Der konzernweite Arbeitsmarkt bleibt erhalten. Sobald der Kapitalmarkt dies zulässt, werden wir eine schrittweise, ertragsoptimierte Privatisierung der Transport und Logistiksparten einleiten.«
Da haben wir sie schwarz auf weiß: die Privatisierung der Bahn! Freuen wir uns auf zukünftig stillgelegte Bahnhöfe, marode Züge und Strecken und noch teurere Bahnpreise. Schließlich zählt der Profit und die Wartungen von Zügen und Gleisen sind da nur im Weg, wie man in Neuseeland bei der Privatisierung der Bahn gut beobachten konnte.
Wie BILD und co. mit ihren Skandalisierungen bei der Jugendkriminalität Politik machen können, sieht man an dieser Formulierung im Koalitionsvertrag:
»Im Jugendstrafrecht erhöhen wir die Höchststrafe für Mord auf 15 Jahre Jugendstrafe.«
In der Gesundheitspolitik wird — wie nicht anders zu erwarten — eine zunehmende Privatisierung der Lebensrisiken angestrebt:
1.) »Neben der gesetzlichen Krankenversicherung sind für uns die privaten Krankenversicherungen als Voll- und Zusatzversicherung ein konstitutives Element in einem freiheitlichen Gesundheitswesen.«
2.) »In der Form der Umlagefinanzierung kann die Pflegeversicherung jedoch ihre Aufgabe, allen Bürgern eine verlässliche Teilabsicherung der Pflegekosten zu garantieren, auf Dauer nicht erfüllen. Daher brauchen wir neben dem bestehenden Umlageverfahren eine Ergänzung durch Kapitaldeckung...«
Wer es sich leisten kann, bekommt auch eine medizinische Versorgung. Alle anderen werden zukünftig immer weiter außen vor bleiben. Sehr interessant oder eher beängstigend ist auch die Passage auf Seite 106 des Koalitionsvertrages:
»Die Koalition wird Gespräche über etwaige Änderungen des Grundgesetzes mit den anderen Fraktionen im Deutschen Bundestag sowie den Ländern aufnehmen.«
Prost Mahlzeit!
Pingback: Schwarz-Geld… ? äh Gelb in die Klimakatastrophe « mehr (Öko-)Sozialismus wagen :-)
Pingback: NachDenkSeiten - Die kritische Website » Hinweise des Tages
Ich freue mich auf die kommenden 4 Jahre. :)
Danke Epikur, kurz und treffend analyisert wie der Sozialabbau und die Privatisierung in allen Bereichen voranschreiten wird.
Wer sich weiter intensiv damit beschäftigen will, dem empfehle ich die Analyse des Koalitionsvertrages von Dr. Wolfgang Lieb zu lesen:
==>Zum Koalitionsvertrag (I): Leitbild und Grundsätze der schwarz-gelben Bundesregierung
„Unsere wirtschaftspolitische Leitlinie ist die Soziale Marktwirtschaft. Sie greift weit über ökonomische Ziele hinaus, ist ein unverzichtbarer Teil einer freiheitlichen offenen Gesellschaft.“ Schon in den ersten Sätzen belegen die Dramaturgie dieses Koalitionsvertrages
Unter einem sozialen Mäntelchen verbergen sich die Ellbogen der sog. „Leistungsträger“.
Eine Analyse des 1. Kapitels des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und FDP. Die Kritik der anderen Kapitel wird in den nächsten Tagen folgen.
hier lesen: http://www.nachdenkseiten.de/?p=4286
Tja, wie sagte der Eddi aus Bayern im Wahlkrampf 2002 so richtig: Die dümmsten Kälber wählen ihren eigenen Schlachter.
Ich bin immer noch fassungslos, wie dumm das deutsche Wahlvieh gewesen ist. Wie kann man gerade die größten Befürworter der Finanzmarktregulierer mit sovielen Stimmen »belohnen«???
Und da die SPD am Boden liegt und gegen die Linke immer das SED-Argument hervorgekramt wird, befürchte ich wahrlich das Schlimmste.
@ kaladhor:
Wie man sieht, träumst du immernoch von korrekten Wahlen hier in der Bananenrepublik BRD.
Warum sollte man uns gerade in der Frage der Macht die Wahrheit sagen, wenn sowohl Politiker als auch Mainstream-Medien uns rund um die Uhr die Taschen mit Lügen/Halbwahrheiten/Demagogie vollhauen, daß es in allen Nähten kracht?
Bitte nenne mir dafür auch nur einen einzigen plausiblen Grund.
Ich halte (im Unterschied zu dir) das Wahlvolk NICHT für so blöd, mitten in einer neoliberalen Finanz- und Wirtschaftskrise sich einer liberalen Partei an den Hals zu werfen und ihr mehr Stimmen zu geben als der einzigen Partei, die viele Ziele, die laut Umfragen vor der Wahl ausdrücklich überwiegende Volksmeinung waren, auf ihrem Wahlprogramm hatte.
Vor kurzem ist bei youtube ein Video erschienen (Irish Referendum Count at Cork City Hall), das eine zentrale Auszählungsstelle in Irland beim zweiten Lissabon-Referendum zeigt.
Dort kann man u.a. betrachten, wie Leute mit Wahlurnen ohne jegliche Kontrolle ob sie dazu berechtigt sind oder von wo sie kommen, ohne Security-Leute am Eingang etc., das Haus betreten. Ebenso einen, der mit einer Wahlurne das Haus verläßt.
Dementsprechend war dann ja auch das »Wahlergebnis«.
Und bitte sage keiner, sowas gäbe es nur in Irland.
Wir sind so leicht zu manipulieren...
Pingback: Mein Politikblog
Pingback: Und der Haifisch, der hat Tränen « Die Linke in der Nordstadt (Braunschweig)
Respekt für das Durchlesen des Koalitionsvertrags. Ich war nach einem Drittel so angepisst, dass ich nicht weiter lesen wollte, zumal sich bis dahin eigentlich meine Vermutung längst bestätigt hatte, dass die neoliberale Politik fortgesetzt wird und sich Schwarz-Geld mit aller Kraft dafür einsetzten wird, auch das letzte bisschen Gemeinwohl der Kapitalverwertungsmachine in den Rachen zu stopfen.
Die Menschen sind ihnen egal und sie werden weiter versuchen, die ökonomische Wirklichkeit der »dümmsten Theorie aller Zeiten« (Scheunemann) anzupassen. Massenarbeitslosigkeit, Massenarmut, Jobs von denen niemand leben kann ‑und Michel träumt weiter.