Heroes

Hiro Nakamura Während der geneigte Fernsehzuschauer in Deutschland noch die Folgestaffeln von Serien wie »Lost« oder »Desperate Housewives« für die aktuellen »State of the Art«-Produkte der auf hochtouren laufenden US-Serienindustrie hält, dürfen die Zuschauer jenseits des Atlantik bereits den aktuellen Entwicklungstand selbiger begutachten. »Heroes« ist die kommerziell erfolgreichste  Serie dieser TV-Saison in den USA und wird zwar vermutlich von der Marketingabteilung des ausstrahlenden Senders NBC als revolutionär vermarktet ist aber zumindest dramaturgisch eher als evolutionär zu betrachten.

(R-)evolutionäre Entwicklungen im menschlichen Genom sind auch der inhaltliche Aufhänger in »Heroes«. Mohinder Suresh, indischer Genetiker, erfährt dass sein Vater Chandra, ebenfalls Wissenschaftler, Opfer eines Mordes wurde. Dieser lebte in New York und war neben dem Taxifahren mit Nachforschungen zum Untermauern seiner Theorien beschäftigt. Es war Chandras Überzeugung, dass er in diversen DNA-Proben, die er scheinbar Mithilfe des »Human-Genom-Project« analysiert hat, besondere Merkmale nachweisen kann, die Grundlage für außergewöhnliche Fähigkeiten sind. Mohinder macht sich umgehend auf den Weg nach New York, da er einerseits nicht daran glauben will, dass sein Vater einem willkürlichen Gewalttäter zum Opfer gefallen ist und andererseits dessen Nachforschungen fortsetzten will.

Dies ist nun die Grundlage für einen extrem weit gespannten dramaturgischen Bogen. Es werden von Anfang an diverse Handlungsstränge eröffnet, in denen jeweils das Schicksal mindestens einer dieser mit übermenschlich wirkenden Fähigkeiten ausgestatteten Personen erzählt wird. Viele sind sich dieser nicht bewusst, können sie nicht einordnen oder genügend kontrollieren. Andere versuchen sie zu verleugnen oder zu vertuschen. Die meisten Handlungsstränge wirken vorerst unabhängig voneinander ähnlich wie bei »Lost« aber es gibt immer Überschneidungen und Kreuzungen und alle scheinen einen für den Zuschauer nicht überschaubaren gemeinsamen Hintergrund zu haben. Verbindendes Element ist Mohinder, dessen Vater eine Weltkarte mit über Fäden verbundenen Aufenthaltsorten der bekannten, betroffenen Personen angefertigt hat, welche als Bild für die Komplexität der Handlungsstränge innerhalb der Serie dienen kann.


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Mister Bennet Auch wenn der Titel implizieren könnte, dass wir es bei dieser Serie mit klassischen Marvelcharakteren zu tun haben könnten, die in bunten Latexanzügen freudig ihre Spezialfähigkeiten demonstrieren, so ist dies kaum der Fall und die Charaktere sollen einen authentischeren Eindruck vermitteln. Vom fliegenden Politiker über den telepathischen Cop bis zum japanischen Büroangestellten der das Raum-Zeit-Kontinuum verbiegt sind alle möglichen und unmöglich speziell begabten Figuren anzutreffen.
Auch wenn diese Aufzählung nicht eben nach besonders authentischen Charakteren klingt, so sind diese doch bis auf ihre Fähigkeiten mehr oder minder glaubwürdig inszeniert und der Einsatz der Spezialfähigkeiten ist, vermutlich schon aus produktionstechnischen Gründen, nicht aufdringlich  eingesetzt. Für die richtige Portion Spannung sorgen natürlich auch Elemente wie eine mysteriöse Mordserie mit immer gleichem Muster und einem undurchsichtigen Charakter, der nicht über Spezialfähigkeiten zu verfügen scheint, aber eine 15-jährige Adoptivtochter großzieht deren Gewebe über rapide regenerative Fähigkeiten verfügt.

Auch wenn »Heroes« dramaturgisch eigentlich keine wirklich revolutionären Neuerungen bietet, was als kommerzielles Großprojekt sicher auch nicht gewollt wäre, so wird doch konsequent alles umgesetzt was eine gute moderne Serie ausmacht: Während die Handlungsstrukturen stark an »Lost« erinnern, kann mit der Handlungsdichte vermutlich nur »The Shield« mithalten und trotz unzähliger relevanter Figuren gibt es genügend Raum für die Entwicklung glaubhafter Charaktere.
Die hohe Spannungsdichte sowie die große Menge an Handlungssträngen gepaart mit der Tatsache, das die Handlung eher staffelweit, bzw. über die gesamte Serie erzählt wird führt wie bei vielen aktuellen Serien, in diesem Fall aber extrem, zu »Cliffhangern«, also unabgeschlossenen Handlungssträngen am Ende von Folgen, welche die Spannung bis zur nächsten Folge aufrecht erhalten. Außerdem Peter Petrelli erfordert die Serie somit das kontinuierliche verfolgen möglichst aller Folgen, da ansonsten die Handlung kaum mehr nachvollzogen werden kann.
Hinzu kommt bei »Heroes« ein Szenario was seine Wurzeln in klassischen Marvel oder DC Comics haben könnte und deshalb ohne eine tatsächliche Comicverfilmung darzustellen, vielleicht demonstriert, dass eine Serie das bessere Format gegenüber der Kinoadaption zum Verfilmen von Comics bietet.

»Heroes« zeigt in recht beeindruckender Art und Weise auf welchem Stand aktuelle Serienproduktionen angekommen sind und entzieht sich dabei weitestgehend genaueren Genreeinordnungen indem einfach die besten Eigenschaften von vielen Genres in dieser Serie vereint werden, was zwar nicht mehr untypisch für aktuelle Produktionen ist, aber auf diesem Niveau doch als außergewöhnlich, vielleicht sogar einzigartig, bezeichnet werden kann.

Links: Die offizielle Homepage | Heroeswiki

Nachtrag: Den weiteren Verlauf der Serie hat die ZG-Redaktion im Blog kommentiert.


by todesglupsch


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