Es ist nicht peinlich sich vor einer Frau zum Affen zu machen, vor einer Kamera schon
Nach »The Swan« und »Germanys Next Top Model« zeigt Pro7 nun den Höhepunkt eines oberflächlichen, menschenverachtenden und beinahe faschistoid anmutenden Sendeformats. Zwei junge Männer, welche nicht dem vorgesetzten Schönheitsideal einer medialisierten und oberflächlichen Gesellschaft entsprechen und ungewöhnliche Hobbys haben, werden als »Freaks« bezeichnet. Sie sollen ihre vermeintlichen Minderwertigkeitskomplexe abschütteln und wieder Selbstbewusstsein erlangen. Doch zunächst werden sie der Nation im Fernsehen vorgeführt und jeder darf sie einmal auslachen. Danach nehmen sich zwei Models ihrer an, die genau wissen, wie man sich in unserer oberflächlichen Gesellschaft verkauft, damit man eine anständige Ware und kein Mensch mehr ist. Die Kandidaten bekommen ein neues Outfit verpasst und ihnen werden genormte Verhaltensweisen beigebracht. Danach dürfen sie als ent-individualisiertes und re-sozialisiertes Massenprodukt wieder auf die Gesellschaft losgelassen werden.
Die Sendung selbst rotzt dem Zuschauer pure Heuchelei und Verlogenheit ins Gesicht. Die beiden Models werden als das Maß aller Dinge, als Kriterium und Maßstab für einen begehrenswerten und gesellschaftlich akzeptierten Menschen hingestellt. Ihre Arroganz, Oberflächlichkeit und Dummheit wird dabei ungeniert zur Schau gestellt. In einer Szene sagt ein Model zu einem Kandidaten, dass sie natürlich auch nicht möchte, dass ein Mann mit ihr nur wegen ihres Körpers zusammen ist (weshalb sonst?) und schleift im gleichen Atemzug den Kandidaten in ein Fitnessstudio. Schließlich liege seine Erfolglosigkeit bei Frauen, an mangelnder sportlicher Betätigung, erklärt sie dann. In einer anderen Szene erklärt ein Model, nachdem sie einen Kandidaten zum Frauenanbaggern »erzogen« hat, dass es ja egal sei was man(n) macht, Hauptsache man(n) sei glücklich dabei. Sie sei froh, dass er es nun gelernt habe, glücklich zu sein. Die Models und Pro7 sehen sich als Pädagogen und Therapeuten, die sich doch nur der armen Seelen der Kandidaten erbarmt haben. Niemanden hier geht es um Geld oder Quote. Natürlich nicht.
Diese Sendung ist in ihrer ideologischen Aussage noch kritischer zu bewerten, als das sog. »Dschungelcamp« oder »Big Brother«. In beiden Shows geht es den Kandidaten vornehmlich darum, bekannt zu werden oder Geld zu gewinnen. Das einzige was die Kandidaten bei »das Model und der Freak« vermeintlich gewinnen können, ist ihre unterstellte nicht vorhandene Menschenwürde und Selbstachtung. Sie entsprächen nicht den Schönheits- und Verhaltenskriterien unserer massenmedialen Gesellschaft, welche das Anstreben von genormter Schönheit, Status, Geld und Prestige als Selbstverständlichkeit und menschenwürdig betrachtet. In diesem Sinne ist es konsequent, dass diese jungen Männer sich mies und minderwertig fühlen. Schließlich wird ihnen tagtäglich durch Hollywoodfilme, Werbeplakate und Musikvideos eingeredet, dass sie nicht der Norm entsprechen und insofern erfolglos, unattraktiv und minderwertig seien. Um das nochmals zu unterstreichen, wird den Kandidaten zu Beginn der Sendung erst einmal klar gemacht, wie wertlos sie doch sind. In einer Szene sagt ein Model zu einem Kandidaten beispielsweise, dass er für sie kein Mann sei, weil er keine Muskeln habe. In einer anderen Szene dürfen sich die beiden Kandidaten die Meinungen anderer Frauen über sich anhören. Sie seien ungepflegt, sehen aus wie große Kinder und haben hässliche Kleidung an. Unter diesem Aspekt, wird die naive Hoffnung der Kandidaten, wieder ein begehrenswerter, akzeptierter »Mensch« und kein Außenseiter mehr zu sein, von den Sendemachern schamlos ausgenutzt und ausgebeutet.
Auch wenn ein Großteil der Sendung womöglich inszeniert ist, so sollte die Wirkung und die vermittelte Botschaft selbiger nicht unterschätzt werden. Zum einen werden Menschen in der Sendung genormt und somit ein Maßstab eines gesellschaftsfähigen Menschen aufgestellt. Abgesehen davon dass dieser aufgestellte Maßstab massenmedialen, oberflächlichen und verwertbaren Kriterien gehorcht und keinem humanistischem Prinzip der Aufklärung, so werden alle Menschen die diesem Prinzip nicht unterliegen, als »Freaks«, Außenseiter oder als minderwertige Menschen gesehen. Genau das verleiht der Sendung einen faschistoiden Beigeschmack. Gleichzeitig werden dadurch Minderwertigkeitskomplexe bei unsicheren, leicht beeinflussbaren Zuschauern geschaffen, welche eben nicht diesem Ideal entsprechen. Die Illusion, mit ein bisschen Make up, neuen Klamotten, Muskeln und Anbagger Sprüchen, könnte jeder Mann wieder zu Selbstbewusstsein gelangen, entspricht dem oberflächlichen medialen Trend, welcher aus den USA immer mehr nach Deutschland herüberschwappt. Anpassung und Norm ist alles, Individualität ist nichts.
Models als zukünftige Fernsehpädagogen und als Maß aller Dinge? Pro7 als Weltverbesserer und Fernsehtherapeut des 21. Jahrhunderts? Moderner Faschismus im Gewand eines Unterhaltungsformats?
Mit Verlaub, Ich krieg das kotzen.
by epikur