"Spielen" Aus der Sicht eines Spielers | ||||||
Wie der aufmerksame Leser unter Umständen schon an meinen bisher relativ monothematischen Artikeln bemerkt haben mag, bin ich eine dem Spielen recht geneigte Natur. Ich begann also zu Spielen und das recht viel und ausgiebig, einen gewissen Einblick in einige meiner Favoriten diesbezüglich gibt meine "Kleine Retrospektive des Daddelns". In einem relativ hohen Alter für einen "Erstkonsumenten" von 21 oder 22 Jahren begann ich außerdem erste Kontakte mit meiner zweiten großen Spieleleidenschaft zu knüpfen: "Magic - The Gathering", dem wahrscheinlich ältesten und bisher wohl kommerziell erfolgreichsten Trading Card Game weltweit. Wie wohl jede Minderheit hat auch der Spieler mit diversen Vorurteilen zu kämpfen bzw. zu leben. Oft wird Spielen als eine Beschäftigung für junge Menschen angesehen, die Teil der Entwicklung ist, aber ab einem gewissen Alter wird ein ausgeprägter Trieb zum Spielen von vielen als kindischer, vielleicht sogar degenerierter, Charakterzug betrachtet, was womöglich auf die gesamte Person übertragen wird.
Wie allerdings von Michael Moore in seinem Film "Bowling for Columbine" zeigte, waren die Amokläufer direkt vor dem Massaker Bowling spielen und keiner machte das Bowlen für die Tat mitverantwortlich. Ich denke, dass es deutlich zu kurzsichtig gedacht ist, wenn jemand glaubt man könne solche Gewaltorgien verhindern durch generelle Restriktionen solcher Spiele. Im schlimmsten Fall sind solche Spiele Auslöser für solche Gewaltorgien nicht der Ursprung, aber selbst hierfür gibt es keinen zwingenden Zusammenhang. Eine Person die Probleme welcher Art auch immer auf eine solche Art kanalisiert, ist in großem Maße psychisch krank und wenn das im Umfeld dieser Person keiner bemerkt, wird keine Restriktion irgendeiner Art eine äußerst grausame Art der Gewaltentladung verhindern können (außer vielleicht die von Waffen). Ich denke aber nicht das diese Spiele eine Legitimation darstellen Computerspielen generell als besonders moralisch bedenklich zu bezeichnen. Tatsächlich zeigt ein großer Teil der Computerspiele ethisch bedenkliche Szenen, teilweise auch Protagonisten. Dies gilt aber im gleichen Maße für diverse andere Medien, teilweise auch "anerkannter" Kunst. Niemand scheint es zu stören, wenn Arnold Schwarzenegger in einem Akt von Selbstjustiz in "Eraser" seine Gegenspieler mit einer Autobombe in die Luft jagt (oder von einem Zug überfahren lässt?), wenn aber in einem Ego-Shooter, ein Charakter in einem "offenen" Kampf grotesk zerberstet, ist dies potentiell der Grund für ein Massaker. Natürlich hinkt dieses Vergleich, wie die meisten, allerdings soll dies zeigen das genug Medien Gewalt in einer Weise zeigen, die potentiell gefährlich sind und es mehr eine Frage des Grades der gesellschaftlichen Integration eines Mediums ist, wie stark bedenken geäußert werden. Zum Einen scheint, die Interaktivität von Spielen hier als Grund für größere ethische Problematik angeführt, zum Anderen, scheint das Töten im genannten Film durch den Hintergrund legitimierter und durch die nicht explizite Darstellung der Tötung als weniger problematisch angesehen zu werden. Meiner Meinung nach ist dies in vielen Fällen symptomatisch für den Umgang in der Öffentlichkeit mit gesellschaftlichen Problemen, es werden exemplarisch besonders explizit von der herrschenden moralischen Meinung abweichende Phänomene öffentlich "diskutiert", wobei dies meist bestenfalls die Symptome einer, wenn überhaupt vorhandenen, Problematik antastet und dann mit einer Alibihandlung unter den Teppich kehrt. Die explizite und plakative Gewaltdarstellung in Computerspielen könnte man ganz oberflächlich (wenn man Computerspielen den Status als Kunstform zusprechen will) als Designfrage darstellen, bei der jeder selbst wissen muss wieviel er sich selbst zumuten kann und will. Da ich aber der Meinung bin, das auch Kunst sich nicht alles erlauben sollte (wobei die Frage, ob sie es können sollte eine Andere ist), denke ich das auch hier irgendwann die Grenzen des guten Geschmacks überschritten sind, wobei ich dann immernoch die Freiheit habe das Programm zu meiden, nur als Elternteil sollte man überwachen, was das eigene Kind auch am Rechner treibt und thematisieren, warum es dies tut.
Der Punkt der Interaktivität ist, denke ich, fast ohne Erläuterung als Irrelevant abzutun. Ich glaube einfach nicht das jemand, bei jetzigem technischen Stand, sei er noch so unterdurchschnittlich intelligent, nicht zwischen einem Spiel und der Realität unterscheiden kann. Es mag sein das bei manchen Leuten solche Spiele (unterbewußt?) Aggressionspotentiale stimulieren oder unterstützen können, aber ich denke das können auch viele andere Dinge. Außerdem denke ich das solche Spiele potentiell auch die genau gegenteilige Wirkung haben könnten, abhängig vom Nutzer. Nur die Wirkung auf psychisch kranke Menschen kann ich (hoffentlich) nicht beurteilen und es wäre eine stärkere Beeinflussung als bei anderen Medien denkbar. Es gibt allerdings Spiele die ich für diskussionsbedürftiger halte als die einschlägigen Ego-Shooter. Ein Typ darunter sind z.B. die mit der inzwischen technisch relativ fortgeschrittener Reife, beängstigend atmosphärischen Ego-Shooter die in authentischen historischen Kriegsszenarien spielen, man könnte sie als Soldatensimulationen bezeichnen ("Medal of Honour", "Call of Duty"). Wer denn Film "Saving Private Ryan" gesehen hat, weiß ungefähr wie diese Spiele angelegt sind, Ihr (als Protagonist) kämpft Euch als unbedeutender Soldat durch diverse Schlachtszenarien und seit ähnlich schnell Tod wie ein realer Soldat, dass ganze mit modernster 3-D Grafik, Dolby Digital Surround und um Euch herum sterbenden Kameraden, der einzige Unterschied zur Realität ist bald nur noch die "Save"-Funktion (und hoffentlich die Schmerzen). Ein fast gar nicht von Zeigefingermoralaposteln gescholtenes Genre ist auch gleichsam eines meiner Allerliebsten, die rundenbasierte Strategie. Dieses Genre kommt klassischen, strategischen Brettspielen relativ nah, man bewegt zugweise Einheiten meist über ein Feld in dem ein sichtbares oder unsichtbares Raster liegt, baut meist militärische Einheiten und greift Gegner an oder wird von Ihnen angegriffen. Der Vorteil beim Computerspiel gegenüber dem klassischen Brettspiel ist, das eine Hochleistungsrechenmaschine im Hintergrund werkelt, die Unmengen an Spielparametern verwalten kann, die mögliche Komplexität und damit die potentielle Spieltiefe steigt in fast unbegrenzte Höhen, fast nur noch abhängig von der Kreativität der Spieledesigner. Leider ein Genre was gegenwärtig nicht besonders im Trend ist, da Spiele (auch aufgrund der technisch inzwischen entsprechenden Möglichkeiten) zu immer realistischerem Spielverlauf tendieren und damit zu echtzeitbasierten Spielen, Spiele die unabhängig von Eingaben des Spielers fortschreiten (wobei das Spiel ohne Eingaben des Spielers weder spannend noch im Sinne des Spielers verläuft). Abschließend würde ich behaupten, das Spiele mit expliziter Gewaltdarstellung zwar durchaus Menschen, speziell jüngere, negativ beeinflussen können, aber ich denke auch das dies eher ein Teil der heutzutage überwältigenden Medienflut ist, die ohnehin nicht ungefiltert für Kinder ohne einen gewissen Reifegrad zugänglich ist. Diese Filterfunktion kann aber effektiv nur vom sozialen Umfeld bewerkstelligt werden. Empfehlungen wie die der FSK (Freiwillige Selbstkontrolle) können vielleicht Anhaltspunkte sein, aber Eltern die den Reifegrad ihrer Kinder einschätzen können und sich die Zeit nehmen sich anzuschauen was das eigene Kind treibt sind sicher die bessere Kontrollinstanz.
Kurz gesagt geht es in Magic was das Szenario betrifft in klassischen Formaten um zwei Magier die sich mit diversen Sprüchen und Kreaturen versuchen gegenseitig zu bekämpfen. jeder nutz dabei ein nach eigenen Vorlieben selbst zusammengestelltes Deck, d.h. jeder spielt das Spiel nach einem eigenen Prinzip. Spielerisch ist Magic ein rundenbasiertes Strategiespiel mit einem (für ein vom Spieler, bzw. Judge verwalteten) hochkomplexen Regelwerk. Der kommerzielle Erfolg des Spiels ist auch auf die DCI zurückzuführen, die Organisation die weltweit (Profi)Turniere organisiert und die dazugehörigen Ranglisten verwaltet und Preise im teilweise 5-stelligen Dollarbetrag ausschüttet. Außerdem bedient (bzw. versucht zu bedienen) Magic zwei Arten von Spielern, die in Magickreisen als "Casualplayer" bezeichneten Leute, sowie die Turnierspieler. Der Casualplayer ist ein wenig derjenige der Magic wie ein klassisches Gesellschaftsspiel nutzt, mit Freunden zuhause möglichst einige Stunden Spaß haben (oft in größeren Multiplayerrunden) und die Decks sind dementsprechend meist so konstruiert, dass sie auf möglichst "unterhaltsame" Art versuchen zu gewinnen. Der Turnierspieler hat meist einen stärker konkurrenzorientiertes Spielverhalten, oft nutzt er das Deck, welches seiner Meinung nach am gewinnversprechendsten ist, dementsprechend ist Effizienz das Hauptkriterium für seine Kartenauswahl, des weiteren werden im Turnier bisher nur Duelle gespielt und keinerlei Mehrspielerformate. Natürlich gibt es auch diverse Leute die an beiden Spielarten interessiert sind (ich zähle mich selbst dazu). Tatsächlich denke ich, was "den Spieler" ausmacht (was vermutlich eine starke Verallgemeinerung darstellt) ist eine ethisch völlig neutrale Eigenschaft, die Freude daran in virtuellen, stark vereinfachten Umgebungen, meist in irgendeiner Weise zielorientiert zu agieren (vermutlich meist gepaart mit einem Schuss Fantasie um dem ganzen etwas Leben zu verleihen). Nüchtern betrachtet ist dies für viele Nicht-Spielernaturen vielleicht eine nicht nachvollziehbare Art große Mengen von Zeit zu verbringen und könnte, und wird vermutlich auch von vielen, als Mittel zur Realitätsflucht missbraucht und kann dann ähnlich wie ein Suchtmittel wirken. Allerdings ist vermutlich auch hier der Missbrauch eher ein Symptom als das eigentliche Problem. Links:
by todesglupsch
| ||||||