über die Berichterstattung des G8 Protestes in Rostock
Die Berichterstattung der Mainstream Medien, über den G8 Protest, zeigte deutlich wie sie einzuschätzen sind. Die Bezeichnung der Mainstream Medien als »bürgerliche Medien« hatte einmal mehr seine Berechtigung. Schließlich zeigte die inhaltliche und visuelle Auseinandersetzung mit dem G8 Protest, dass die bürgerlichen Medien sich längst als Teil des politischen und ökonomischen Establishments begreifen.
Am Samstag den 2. Juni 2007 berichtete die Nachrichtenagentur dpa, dass der Träger des alternativen Nobelpreises Walden Bello, auf einer G8 Protest Kundgebung gesagt hätte, dass »der Krieg in die Demonstration getragen werden müsse, da man mit friedlichen Mitteln nichts erreichen würde«. SpiegelOnline, BILD, BZ, die Stuttgarter Nachrichten, die Westdeutsche Allgemeine und viele andere Medien übernahmen diese Meldung und schmückten sie aus, sodass Prof. Bello als Aufstachler der militanten Szene beschrieben wurde. Dieses Zitat ist weder wörtlich, noch sinngemäß gefallen. Stattdessen sagte Walden Bello, dass »der Krieg mit in die Diskussion des G8 Protestes eingebracht werden müsse, da es ohne Frieden auch keine Armutsbekämpfung geben könne«. Drei Tage hatte die Nachrichtenagentur dpa gebraucht, um diese Falschmeldung zu korrigieren. Viele Medien indessen, die dieses Falschzitat übernommen und etwas hinzugedichtet hatten, sehen sich bis heute nicht in der Lage eine Richtigstellung zu drucken oder sich bei den Lesern zu entschuldigen. Weiterhin war, im Zuge der Ausschreitungen am 2. Juni in Rostock, in vielen Medien von insgesamt 1000 Verletzten, darunter 400 Polizisten die Rede. Politik und Medien titelten daraufhin mit der »Orgie der Gewalt«, »den potenziellen Mördern des schwarzen Blocks« sowie mit »Autonome schlagen alles kurz und klein«. Konservative Politiker nahmen alleine die Zahlen zum Anlass nach mehr Härte zu fordern, indem man z.B. Gummigeschosse oder die GSG 9 gegen Demonstranten einsetzen sollte. Die Uni Klinik in Rostock und das Klinikum Südstadf registrierten zusammen jedoch nur 518 Leichtverletzte, welche alle nach spätestens zwei Tagen entlassen wurden. Schwerverletzte gab es nicht.
Dies sind nur zwei Beispiele von vielen Fehlern und Falschmeldungen bei der Berichterstattung des G8 Protestes. Durch immer härteren ökonomischen und zeitlichen Druck der Journalisten kann das mal passieren, so die gängige Argumentation von Journalisten und Medien. Auch das »bad News« eben »good News« sind und Gewalt eben höhere Einschaltquoten bzw. höhere Verkaufszahlen bringen, ist keine Rechtfertigung. Wenn nämlich Falschmeldungen nicht korrigiert werden, keine Gegendarstellungen gedruckt werden oder absichtlich bestimmte Quellen ignoriert oder nicht aufgesucht werden, andere jedoch fast nur zitiert werden, dann ist das kein strukturelles Problem mehr, sondern liegt in der Verantwortung der Medien. Der Verdacht einer gezielten Meinungsmache erhärtet sich dann zunehmend. Nach der Berichterstattung des G8 Protestes sollte für jeden feststehen, dass objektiver Journalismus eine Illusion ist. Jeder Journalist berichtet aus seiner subjektiven Sichtweise heraus. Diese zeigt sich dann in der Wahl der Wörter, der selektiven Auswahl von Quellen und Bildern sowie die gezielt gesetzte Nachricht, dem sog. »Agenda Setting«. Selbst vermeintliche Fakten und Zahlen sind nicht wertneutral, da sie gezielt benutzt werden, um eigene Aussagen und Behauptungen zu untermauern. Außerdem sind die bürgerlichen Medien abhängig von Anzeigen- und Werbekunden, der eigenen Zielgruppe sowie häufig im Besitz eines großen Unternehmens, welches eigene Interessen verfolgt. Insofern zensieren viele Journalisten sich auch selbst, um inhaltlich und ideologisch redaktionskonform zu sein und um keine Rufschädigung zu erleiden. Laut Noam Chomsky, »dienen die Medien den Interessen staatlicher und unternehmerischer Macht, die beide eng miteinander verflochten sind, und gestalten ihre Berichterstattung und Analyse auf eine Weise, die die etablierten Privilegien unterstützt und dementsprechend Diskussion und Debatte einschränken«. Die Berichterstattung der bürgerlichen Medien über den G8 Protest, ist ein Beweis für diese These.
Ein und dasselbe Auto aus verschiedenen Perspektiven aufgenommen suggeriert bei einer Bilderreihe von SpiegelOnline, als gäbe es viele brennende Autos
»» Lügen und Falschmeldungen über den G8 Protest
Nachtrag am 03.01.2008:
Ein halbes Jahr nach den G8 Protesten in Rostock sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache. Von knapp 1500 Verfahren kamen 157 zur Anklage. 50 Demonstranten erhielten Geldstrafen zu fünfzig Euro, drei wurden zu 3 Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Zu Urteilssprüchen kam es vor allem wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Geringe Schuld und ungenügende Beweise seien die Hauptursachen für die wenigen Schuldsprüche gewesen. Harte Anschuldigungen und das offensichtliche Bemühen um eine hohe Kriminalitätsstatistik der G8 Demonstranten, standen dem gegenüber.
Quelle: Junge Welt
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