Noch bevor ich eine konkrete Vorstellung davon hatte was ein Computer ist, war ein Spiel Dauerthema unter der C64 Fangemeinde in meiner Grundschule. Ständig wurde über mysteriöse Benzinkanister, Meteoriten und bösartige Tentakel gesprochen. Rund 2 Jahre später durfte auch ich aus erster Hand erfahren worüber "alle Welt" sprach: "Maniac Mansion".

LucasArts, damals noch LucasfilmGames genannt, hatte zwar bereits 1986 mit der Versoftung von "Labyrinth" (Jim Henson Film mit Jennifer Connelly und David Bowie) ein Grafikadventure auf den Markt gebracht, aber mit "Maniac Mansion" wurde die Revolution des Adventuregenres nun auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Textphraser, geschweige denn komplette Textadventures waren von nun an überholt, die Zukunft gehörte Maussteuerung und animierter Grafik (das diese Zukunft schon eher wieder Vergangenheit ist, ist eine andere Geschichte).

Während es 1987 noch darum ging Dave und seiner Clique zu helfen seine Freundin Sandy aus den Händen von Dr. Fred zu befreien, ist 1993 die Aufgabe im Nachfolger "Day of the Tentacle" noch größer geworden: Die Welt vor der Unterjochung durch den größenwahnsinnigen purpurnen Tentakel zu retten. Dieser ist nach einem kleinen Snack im Abwassersystem von Dr. Fred's Labor nicht nur von einem einfachen Tentakel zur nächsten Stufe der Tentakelevolution aufgestiegen (er darf sich glücklicher Besitzer von so etwas wie Stummelarmen bezeichnen), er scheint dementsprechend auch die soziale Ordnung in Frage zu stellen und meint die Rasse der Tentakel sollte nun die Menschheit unterwerfen, selbstverständlich mit ihm als Herrscher.

Natürlich sind wie in so einem Fall üblich eine Clique von Teenagern sofort zur Stelle um die Menschheit vor solch einem Schicksal zu bewahren. Die Protagonisten des ersten Teil sind diesmal weitestgehend verhindert, nur der aus dem ersten Teil bekannte Bernhard, seines Zeichens Junggenie und etwas ungeschickt, ist wieder von der Partie. Außerdem bringt er Hoagie, eine Gemütsnatur von einem Schwermetaller und Laverne eine emanzipierte Medizinstudentin mit. Dr. Fred, den Protagonisten diesmal deutlich freundlicher gesonnen aber kaum weniger seltsam, ist sehr daran interessiert den von ihm mitverursachten Schaden wieder auszubügeln und da sich auch die Technik in seinem Labor seit dem ersten Teil weiterentwickelt hat, verfügt er vermeintlich über die Möglichkeit Zeitreisen zu verwirklichen. Er hat vor unsere drei "Helden" 24 Stunden in die Vergangenheit zu senden um den Vorfall der zum Größenwahn von Purpur geführt hat zu vermeiden. Natürlich ist die Technik noch nicht so ausgereift wie sich Dr. Fred das gewünscht hätte und Bernhard, Laverne und Hoagie werden in der Zeit verstreut.

Hoagie landet rund 200 Jahre in der Vergangenheit und wie der Zufall es so will hat er die Gelegenheit mehr als nur Zeuge der Entwicklung der U.S.-Verfassung zu sein. Bernhard muss nach einem psychedelischen Trip feststellen, dass er gelandet ist wo er hergekommen ist: In der Gegenwart. Laverne katapultiert es 200 Jahre in die Zukunft, in der die Erde ein von Tentakeln beherrschter Ort ist, in der Menschen den Status von Haustieren haben. Nun übernimmt der Spieler die Kontrolle und darf die drei aus dieser Lage wieder herausmanövrieren und nebenbei die Menschheit retten.

Technisch bietet "Day of the Tentacle" natürlich einen Quantensprung im Vergleich zu seinem Vorgänger, aber vor allem ist die Grafik stilistisch im Comicstil angelegt ansonsten entspricht das Gameplay dem bekannten Scumm-System von LucasArts (ausführlich im Artikel zu "Indy III" beschrieben).

Achtung Spoileralarm: Die Rätsel sind gewohnt kreativ zu lösen, allerdings bringt die 4. Dimension den Rätseln einen besonderen Dreh. Gegenstände können in der Zeit zwischen den Charakteren ausgetauscht werden. So muss Bernhard z.B. Hoagie ein Werbeprospekt betitelt, George sage jeder amerikanische Haushalt solle einen Staubsauger besitzen, zukommen lassen. Hoagie jubelt Thomas Jefferson den Wisch unter, da dieser der Aussage von "George" nicht wiedersprechen möchte, auch wenn er nicht weiß was ein Staubsauger ist, haben wir einen weiteren Zusatz zur Verfassung, wodurch Bernhard in der Gegenwart nun einen Staubsauger vorfindet. Auch kann Hoagie Thomas Jefferson überreden eine Flasche Rotwein in seine Zeitkapsel, für spätere Generationen, aufzunehmen, wodurch Laverne in der Zukunft eine Flasche Essig aus selbiger entnehmen kann. So werden Hamster cryogenisch in der Tiefkühltruhe durch die Zeit geschickt oder Links- durch Rechtshänderhämmer vertauscht (oder andersrum?) um eine Steinskulptur spiegelverkehrt zu bekommen.

Alles in Allem ist "Day of the Tentacle" auch wenn nicht mehr wie der Vorgänger von einem der Adventuregurus "Ron Gilbert" (Secret of Monkey Island) entwickelt, ein äußerst würdiger Nachfolger für "Maniac Mansion" der auch heute noch uneingeschränkt für alle spätgeborenen oder spätberufenen Spieler empfohlen werden kann.

Titel:Day of the TentacleErscheinungsjahr:1993
Genre:Click & Point AdventureVorgänger:Maniac Mansion (1987)
Links: - Power Play-Test bei Kultpower.de
- Return of the Tentacles - Nachfolger als Fanprojekt
- LucasFan Games - Home of Maniac Mansion Deluxe
- Die Tentakelvilla - LucasArts-Adventures Fansite